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Jobmaschine Genossenschaft?

Burchard Bösche plädiert für bessere Förderung

Rechtsanwalt Burchard Bösche ist Geschäftsführer des Zentralverbands deutscher Konsumgenossenschaften.

ND: Der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften (ZDK) veranstaltete kürzlich eine Tagung unter dem Titel »Jobmaschine Genossenschaft«. Ist dies begründet?
Bösche: Die Genossenschaft ist eine Rechtsform für wirtschaftliche Tätigkeit, die sehr beschäftigungswirksam sein kann, wenn das gesetzgeberische Umfeld stimmt. Das zeigt das Beispiel Italiens, wo über 800000 Menschen in 80000 Genossenschaften arbeiten. Dort ist es sehr einfach, eine Genossenschaft zu gründen, und es gibt weit reichende Steuererleichterungen für die Eigenkapitalbildung. In Deutschland fehlen diese Vorteile, und die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist für kleine Projekte oft abschreckend, weil relativ teuer.

Ist diese Rechtsform besonders beschäftigungsfördernd?
Die Genossenschaft ist kein Wunderding, hat aber wichtige Vorzüge. Erstens ist sie definitionsgemäß nicht auf Profit ausgerichtet. Kostensenkungsrunden zu Gunsten des Börsenkurses gibt es da nicht. Die Genossenschaft ist eine Rechtsform für Leute, die gemeinsam wirtschaftliche Tätigkeit organisieren wollen, für ihren konkreten Nutzen und nicht um aus Geld mehr Geld zu machen. Sie ist demokratisch strukturiert: ein Mitglied - eine Stimme, unabhängig von der Kapitalbeteiligung. Die feindliche Übernahme durch einen Multi ist ausgeschlossen. In Italien gibt es viele kleine, lokal und regional verankerte Genossenschaften. Solche Gebilde verhalten sich nicht wie das sprichwörtliche »scheue Reh«, sondern sind eher ein »treues Huhn«. Das wohl bekannteste Beispiel dafür, dass sich eine Genossenschaft in schwierigem Umfeld als Rechtsform eignet, ist vielleicht die »taz«-Genossenschaft, an deren Gründung der ZDK beteiligt war.

Die Bundesrepublik ist ein genossenschaftsfeindliches Land?
Tatsache ist, dass die Zahlen der Genossenschaften und ihrer Beschäftigten kontinuierlich zurückgehen. Ein erfreuliches Gegenbeispiel ist der rot-rote Senat in Berlin, der die Genossenschaftsbildung aktiv fördert. Auf Landes- oder Kommunalebene kann zum Beispiel bei der Findung von Immobilien geholfen oder die Genossenschaften in der oft kritischen Anfangsphase unterstützt werden.

Welche Rolle spielen Genossenschaften heute in Deutschland?
Von den Zahlen her eine enorme: 20 Millionen Deutsche sind Mitglied. Allerdings entfallen davon allein 16 Millionen auf die Genossenschaftsbanken. Über 400000 Menschen arbeiten im genossenschaftlichen Sektor. Nur die kontinuierlich rückläufige Tendenz beunruhigt. Es gibt zu wenig Neugründungen. In Italien wird die Förderung von Genossenschaften bereits in der Verfassung als Ziel genannt. Zwar gibt es z.B. in der bayrischen oder der hessischen Landes-Verfassung ähnliche Formulierungen, aber die Praxis ist eine andere.

Welche Ursachen hat dies?
Die Genossenschaft ist im öffentlichen Bewusstsein zu wenig präsent. Wir müssen mehr Freunde für diese Rechtsform finden. Es gibt dafür auch historische Gründe. Die Konsumgenossenschaften haben noch in der Weimarer Republik eine große Rolle gespielt, bis sie von den Nazis gewaltsam zerschlagen wurden. In der Bundesrepublik haben sie ihre alte Bedeutung nicht wieder gewinnen können. In der DDR haben die Konsumgenossenschaften eine wichtige Rolle gespielt - aber viele haben dem Druck der Wendesituation nicht standhalten können.

Fragen: Velten SchäferND: Der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften (ZDK) veranstaltete kürzlich eine Tagung unter dem Titel »Jobmaschine Genossenschaft«. Ist dies begründet?
Bösche: Die Genossenschaft ist eine Rechtsform für wirtschaftliche Tätigkeit, die sehr beschäftigungswirksam sein kann, wenn das gesetzgeberische Umfeld stimmt. Das zeigt das Beispiel Italiens, wo über 800000 Menschen in 80000 Genossenschaften arbeiten. Dort ist es sehr einfach, eine Genossenschaft zu gründen, und es gibt weit reichende Steuererleichterungen für die Eigenkapitalbildung. In Deutschland fehlen diese Vorteile, und die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist für kleine Projekte oft abschreckend, weil relativ teuer.

Ist diese Rechtsform besonders beschäftigungsfördernd?
Die Genossenschaft ist kein Wunderding, hat aber wichtige Vorzüge. Erstens ist sie definitionsgemäß nicht auf Profit ausgerichtet. Kostensenkungsrunden zu Gunsten des Börsenkurses gibt es da nicht. Die Genossenschaft ist eine Rechtsform für Leute, die gemeinsam wirtschaftliche Tätigkeit organisieren wollen, für ihren konkreten Nutzen und nicht um aus Geld mehr Geld zu machen. Sie ist demokratisch strukturiert: ein Mitglied - eine Stimme, unabhängig von der Kapitalbeteiligung. Die feindliche Übernahme durch einen Multi ist ausgeschlossen. In Italien gibt es viele kleine, lokal und regional verankerte Genossenschaften. Solche Gebilde verhalten sich nicht wie das sprichwörtliche »scheue Reh«, sondern sind eher ein »treues Huhn«. Das wohl bekannteste Beispiel dafür, dass sich eine Genossenschaft in schwierigem Umfeld als Rechtsform eignet, ist vielleicht die »taz«-Genossenschaft, an deren Gründung der ZDK beteiligt war.

Die Bundesrepublik ist ein genossenschaftsfeindliches Land?
Tatsache ist, dass die Zahlen der Genossenschaften und ihrer Beschäftigten kontinuierlich zurückgehen. Ein erfreuliches Gegenbeispiel ist der rot-rote Senat in Berlin, der die Genossenschaftsbildung aktiv fördert. Auf Landes- oder Kommunalebene kann zum Beispiel bei der Findung von Immobilien geholfen oder die Genossenschaften in der oft kritischen Anfangsphase unterstützt werden.

Welche Rolle spielen Genossenschaften heute in Deutschland?
Von den Zahlen her eine enorme: 20 Millionen Deutsche sind Mitglied. Allerdings entfallen davon allein 16 Millionen auf die Genossenschaftsbanken. Über 400000 Menschen arbeiten im genossenschaftlichen Sektor. Nur die kontinuierlich rückläufige Tendenz beunruhigt. Es gibt zu wenig Neugründungen. In Italien wird die Förderung von Genossenschaften bereits in der Verfassung als Ziel genannt. Zwar gibt es z.B. in der bayrischen oder der hessischen Landes-Verfassung ähnliche Formulierungen, aber die Praxis ist eine andere.

Welche Ursachen hat dies?
Die Genossenschaft ist im öffentlichen Bewusstsein zu wenig präsent. Wir müssen mehr Freunde für diese Rechtsform finden. Es gibt dafür auch historische Gründe. Die Konsumgenossenschaften haben noch in der Weimarer Republik eine große Rolle gespielt, bis sie von den Nazis gewaltsam zerschlagen wurden. In der Bundesrepublik haben sie ihre alte Bedeutung nicht wieder gewinnen können. In der DDR haben die Konsumgenossenschaften eine wichtige Rolle gespielt - aber viele haben dem Druck der Wendesituation nicht standhalten können.

Fragen: Velten Schäfer

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