Gestrandete Zeitungspiraten

Richtungswechsel bei Freiburger »Zeitung zum Sonntag«

  • Martin Höxtermann, Freiburg
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Michael Zäh ist empört. »Ich halte die Vorgänge für skandalös, sowohl arbeitsrechtlich wie auch publizistisch«, teilt der 43-jährige Freiburger Verleger in einer Pressemitteilung mit. Hatten die neuen Eigentümer der von Zäh im November 1997 gegründeten »Zeitung zum Sonntag« (ZuS) doch zu Wochenanfang Zähs gesamtes 30-köpfiges Team gekündigt und das Offenburger Presse- und PR-Büro Kresse&Discher mit der künftigen Produktion des Blattes beauftragt. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, hat Zäh letztlich selbst zu verantworten. Schließlich befindet sich seine Michael Zäh Verlags AG bereits seit Juni dieses Jahres im Insolvenzverfahren. 11 Millionen Mark Schulden hatte der Verlag im Laufe seiner vierjährigen Geschichte angehäuft. Am Anfang stand der Traum einer journalistisch anspruchsvoll gemachten Gratiszeitung. Doch sowohl das Vorhaben, die ZuS mit Hilfe des Hamburger Medienkonzerns Gruner&Jahr über den Schwarzwald hinaus in der ganzen Republik zu verteilen, als auch das Projekt einer kostenlosen Abendzeitung scheiterte. Auch die jüngste Tageszeitung Deutschlands, die »zus«, die Zäh ab Januar mit viel Tamtam auf den Markt brachte, um dem örtlichen Monopolisten »Badische Zeitung« Paroli zu bieten, ging mangels Inserenten und Abonnenten nach drei Monaten sang- und klanglos unter. Zäh, der »Zeitungspirat«, war gestrandet. Daraufhin wurde die ZuS an die neugegründete »ZZ Zeitungs GmbH« verkauft; Hauptgesellschafter ist der Offenburger Verleger Peter Reiff (»Offenburger Tageblatt«). Die Zäh AG sollte als Dienstleister weiterhin für die redaktionelle Herstellung des Blattes verantwortlich sein. Doch die neuen Eigentümer haben andere Pläne. Die Beauftragung der Offenburger Agentur zeige die von den Verlegern gewünschte inhaltliche Umorientierung zu einem »stinknormalen Anzeigeblättchen«, sagte Ex-ZuS-Chefredakteurin Elisabeth Schmidt gegenüber ND. Geplant sei eine »bodenständige« Berichterstattung, die sich eher rechts als links von der »Badischen Zeitung« orientiere. Dafür spricht auch die politische Ausrichtung von Agentur-Inhaber Klaus Kresse. In »Business in Baden« bezeichnete Kresse randalierende Autonome und »Wirtschaftsgipfel-Terror-Touristen« erst kürzlich als »asoziale Kriminelle«, die »genauso unmenschlich« seien ...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.

- Anzeige -
- Anzeige -