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Zufahrt zu Wohnhaus nach 100 Jahren verboten
Streit um das Wegerecht, um Notwegerechte zwischen Nachbarn sind nicht erst in jüngster Zeit entbrannt, wie folgender Sachverhalt zeigt:
Schon seit 1902 - damals noch mit Pferdefuhrwerken - gelangte man zu einem Wohngebäude nur über das Grundstück des Nachbarn, (der damals die Zufahrt genehmigt hatte). Es hatte keine Verbindung zu einer öffentlichen Straße. 90 Jahre lang nutzten die Bewohner des rückwärtigen Hauses den Weg über das vordere Grundstück, schließlich auch mit Autos.
Als 1992 die Urenkelin des Eigentümers von 1902 das Grundstück erbte, gab es Streit mit den Hausbewohnern nebenan. Schließlich verbot sie ihnen, ihren Grund und Boden mit dem Wagen zu befahren. Nur noch größere Waren dürften mit Kraftfahrzeugen angeliefert oder abtransportiert werden, ordnete sie an, und im Notfall dürften Rettungsdienste (Arzt, Feuerwehr usw.) über ihren Weg fahren. Der Rechtsstreit beschäftigte jahrelang die Justiz.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied zu Gunsten der »abgeschnittenen« Hauseigentümer auf Gewohnheitsrecht. Das Wohngebäude sei zu Fuß oder mit dem Fahrrad gut zu erreichen, und in der Nähe des Grundstücks gebe es Parkplätze für Fahrzeuge. Also bestehe eigentlich kein zwingender Anlass, den Hauseigentümern ein Notwegerecht für ihre Autos einzuräumen, meinten die Richter.
Der Weg über das Nachbargrundstück sei jedoch von 1902 bis 1994 kontinuierlich und ohne Probleme genutzt worden. Ein so lange Zeit praktiziertes Recht könne man den Betroffenen nicht einfach wegnehmen, das widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben. Denn sie beanspruchten das Nachbargrundstück auch nicht öfter oder intensiver als ihre Vorfahren - lediglich, angepasst an den technischen Fortschritt, mit Kraftfahrzeugen.
Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 9. März 2004, Az. 7 U 189/03 - 61
Auch wenn Grundeigentümer nicht erst nach 100 Jahren, sondern wesentlich früher die Überfahrt über ihr Grundstück verweigern oder erschweren, wie schon oft im Ratgeber beschrieben, sollten Betroffene anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen oder den Gang vor Gericht nicht scheuen. In den meisten Fällen erhalten sie Recht, das Wegerecht ist ziemlich ...
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