Henriette Herz
»Die reizendste Frau Berlins« wurde sie von Alexander von Humboldt genannt, der bei ihr hebräisch lernte. In den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts hatte sich der Salon von Henriette Herz zu einem sprichwörtlichen »Musenhof« entwickelt, zu einem Zentrum der geistigen Begegnung, das viele deutsche und internationale Geistesgrößen anzog. Zu ihren prominenten Gästen gehörten neben den Gebrüdern Humboldt auch Friedrich Daniel Schleiermacher, Ludwig Börne, Jean Paul, Friedrich Schlegel, Johann Gottfried Schadow sowie etliche aufgeklärte Sprösslinge alter Adelsfamilien. Mittelpunkt der illustren Gesellschaft war unbestritten die schöne, belesene und vielseitig interessierte Gastgeberin.
Henriette Herz wurde 1764 als Tochter eines jüdischen Arztes geboren und heiratete mit 15 Jahren den viel älteren Arzt und Philosophen Markus Herz (1747-1803). Ihr Mann, ein Schüler Immanuel Kants und Freund Moses Mendelssohns, hielt nebenbei Privatvorlesungen und veranstaltete physikalische Experimente. An seiner Seite konnte sich ihr ungewöhnlicher Wissensdurst frei entfalten. Karoline Bauer, eine Schauspielerin, vermerkte in ihren Memoiren: »Was Henriette Herz sagte, hatte Charakter, Geist, Klarheit und war immer wohltuend.« Der Dichter Börne verliebte sich in die um 22 Jahre ältere Frau derart, dass er vor Kummer darüber, nicht erhört zu werden, an Selbstmord dachte.
Die herausragende Stellung der Henriette Herz war mühsam errungen. Sie praktizierte ihre Befreiung als Frau und Jüdin, indem sie »Bildung als höchsten gültigen Adel« interpretierte und Geist als eine Waffe im Streben um Emanzipation ansah. Doch nach dem Tod ihres Mannes musste sie sich finanziell arg einschränken und schließlich den Salon schließen. Einige ihrer prominenten Gäste umwarben die noch immer schöne Witwe mit Heiratsanträgen. Auch der preußische Staatsminister Alexander Graf von Dohna-Schlobitten zählte zur Schar derer, die sich einen Korb einhandelten. Henriette Herz zog sich schrittweise aus dem gesellschaftlichen Leben zurück und starb 1847 fast vergessen in Berlin. Ihre Tradition s...
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