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Das Blättchen #6 ab 24.03.2025
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Höhentraining in Hennigsdorf

Marlies Schulz bildet Menschen aus, die in luftigen Höhen arbeiten

Schwindelfrei sind alle, sonst hätten sie gar nicht zum Training erscheinen dürfen. Denn im Schulungs- und Informationszentrum für Höhensicherungstechnik (SIZ) in Hennigsdorf (Oberhavel) geht es richtig zur Sache. Zwei Tage lang dauert die Ausbildung, dann sind die Teilnehmer fit für das Arbeiten in luftiger Höhe. »Sie gelangen sicher auf hohe Bauwerke, wieder herunter und können andere aus brenzligen Situationen retten«, erklärt Firmengründerin Marlies Schulz. Sie ist die einzige Frau Deutschlands, die Menschen in schwindelnden Höhen berufsmäßig trainiert. Für ihre ungewöhnliche Geschäftsidee wurde sie in diesem Jahr sogar bei einem Existenzgründerwettbewerb ausgezeichnet. Ihre Kunden kommen inzwischen aus ganz Deutschland und zumeist aus der Mobilfunk-, Energie- oder Windkraftbranche. Zu 95 Prozent sind es Männer, die sich Leitern und Tritte rauf und runter quälen. »Es ist körperlich sehr anstrengend«, berichtet Dirk Wendorff. Der 30-Jährige aus Prenzlau arbeitet als Dispatcher für Windkraftanlagen. »Normalerweise muss ich da nicht hoch hinaus, aber es können immer mal besondere Fälle eintreten«, sagt er. Deshalb sei er jetzt im SIZ. Gemeinsam mit sechs Steigwilligen hat er schon jede Menge Theorie absolviert und muss nun mit körperlichem Einsatz zeigen, was hängen geblieben ist. Marlies Schulz teilt sich mit ihrem Mann Bernhard die Ausbildung. Und so legen beide den Teilnehmern zunächst die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz an. Das sind Gurte und Riemen mit Schnallen, Haken und Verschlüssen, die fest am Körper sitzen. Alle bekommen einen Helm verpasst, Handschuhe und ziehen die Schnürsenkel ihrer festen Schuhe noch einmal kräftig nach. Dann geht es aufwärts. Beide Trainer geben Hinweise zum Sichern, zum richtigen Auftreten und erklären, dass es ganz wichtig sei, bedächtig, Schritt für Schritt, die Stufen zu nehmen. Irgendwann am letzten Ausbildungstag schaukelt dann jeder Teilnehmer scheinbar ein bisschen hilflos in der Luft: Rettungsaktionen werden geübt. Am Ende sind alle froh, das anstrengende Pensum geschafft zu haben. »Es war hart, aber sehr interessant und lehrreich«, betont die Betriebswirtin Sabine Sontopski. Sie fühle sich jetzt fit für brenzlige Situationen. Auch Marlies Schulz ist nach dem Training in der 300 Quadratmeter großen Halle ein bisschen k.o., wie die 50-Jährige zugibt. Schließlich hat sie mehrmals die neun Meter hohen Leitern, die wie aufgefädelt an der Wand befestigt sind, erklommen. Dazu kommen der Steigturm und das Untergerüst einer Windkraftanlage. Es sind alles Originalteile, die in Hennigsdorf zur Verfügung stehen. »Mit Geschick, Charme und Überzeugung hat sich meine Frau die meisten Teile schenken lassen«, sagt Bernhard Schulz. Er, der Sicherheitsinspektor, gab vor fünf Jahren den Anstoß für das besondere Gewerbe. Im Auftrag seines damaligen Chefs sollte er eigentlich nach Firmen suchen, die so etwas in der näheren Umgebung anbieten. Doch das gab es nicht, und so verwirklichte Marlies Schulz die Idee. Anfangs kümmerte sich die gelernte Sekretärin und studierte Betriebswirtin vorwiegend um Akquise, Abrechnungen und theoretische Ausbildung. Doch als sie dem damaligen Trainer oft genug zugeschaut hatte, wusste sie: »Das kann ich auch alleine machen.« Und so klettert sie selbst in die Höhe. Sie ist inzwischen sozusagen ganz oben angekommen. Ein Erfolgs-Motto hat die resolute Unternehmerin: »Stets und ständig präsent sein und nach Niederschlägen nicht unten bleiben«, sagt sie. Im Frühjahr will sie ihre neue Außenanlag...

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