Neuer Mann für Neuruppin eine Frau?

Die 39-jährige Kerstin Kroll soll Otto Theel beerben und PDS-Bürgermeisterin werden

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Beinahe hätte die Bürgermeisterwahl in Neuruppin ähnlich verlaufen können, wie es in dem USA-Spielfilm »Ein ehrenwerter Gentlemen« (1992) abläuft. In dem Streifen zieht Thomas Jefferson Johnson- gespielt von Eddie Murphy- in den Kongress ein, nur weil er zufällig so heißt wie ein gerade verstorbener Abgeordneter. Er macht einfach Wahlkampf nach dem Motto: Wählen Sie das, was Sie kennen- wählen Sie Johnson! Nachdem der langjährige Rathauschef Otto Theel (PDS) am 19. September den Wahlkreis Ostprignitz-Ruppin I gewann und in den Landtag einzog, ist der Bürgermeister-Posten in der Kommune vakant. Ursprünglich wollte sich sein Sohn Andreas Theel (CDU) bewerben (Wählen Sie das, was Sie kennen- wählen Sie Theel). Doch dann brachte man den CDU-Kommunalpolitiker öffentlich in Verbindung mit der XY-Bande, deren mutmaßlicher Kopf der CDU-Stadtverordnete Olaf Kamrath sein soll. Andreas Theel trat gemeinsam mit seinem Bruder Christian aus der Fraktion und der Partei aus. Die Favoriten für den Urnengang am 16. Januar- die eventuell notwendige Stichwahl wäre dann am 6. Februar- heißen aber ohnehin anders. Da ist zuerst die PDS-Stadtverordnete Kerstin Kroll, von ihrer Partei mit nur einer Gegenstimme nominiert. Die Sozialpädagogin leitet das Jugendwohnprojekt Mittendrin und darüber hinaus im Stadtparlament den wichtigen Haupt- und Finanzausschuss. Im nächsten Jahr beendet die Mutter von fünf Kindern ihr Fernstudium als Diplom-Betriebswirtin. Dies alles kann die 39-Jährige nur unter einen Hut bringen, weil der ebenfalls berufstätige Mann ihr den Rücken freihält. Kerstin Kroll ist in Hasselfelde (Sachsen-Anhalt) geboren und in Wernigerode aufgewachsen. Zunächst studierte sie in Zwickau, wechselte dann aber nach Potsdam. Weil Kroll und ihr Mann keine Großstadtpflanzen sind, zogen sie 1993 nach Neuruppin. Ihnen gefielen die Stadt, der Ruppiner See und die nahe Ostsee. 1989 kam ihr erster Sohn zur Welt. Im Erziehungsjahr 1990 hatte die Mutter Zeit. Sie schaute beim Neuen Forum und bei der SPD vorbei und informierte sich auch über die PDS. Die Sozialisten sagten ihr wegen des sozialen Engagements zu. 1994 trat sie gemeinsam mit ihrem Mann in die Partei ein. »So wesentlich anders als Otto Theel würde ich es nicht machen«, sagt die PDS-Kandidatin über ihre Ziele. Es gelte, die positive Entwicklung weiter voranzutreiben. Der Unterschied ergebe sich daraus, dass sie eine Frau und viel jünger als Otto Theel sei. Wichtig ist Kroll zum Beispiel, dass trotz sinkender Einnahmen alle Jugendeinrichtungen offen bleiben. »Wir gehen in die Wahl, um zu gewinnen«, erklärt der PDS-Kreisvorsitzende und Wahlkampfchef Joachim Behringer siegesgewiss. Behringer führte schon so manchen Wahlkampf und irrte nie über den Ausgang, abgesehen von der Bundestagswahl 2002. Damals hatte Behringer nicht mit der Niederlage seiner Partei gerechnet. Für die SPD steigt Ernst Bahr in den Ring. Er sitzt seit 1994 im Bundestag, ist dort seit sechs Jahren Sprecher der sozialdemokratischen Brandenburger Landesgruppe. Den hiesigen Wahlkreis gewann Bahr 2002 und 1998 souverän mit jeweils etwa der Hälfte aller Erststimmen. Der erklärte Bombodrom-Gegner arbeitete von 1968 bis 1989 als Lehrer für Mathematik und Astronomie in Linum und Fehrbellin. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Ost-SPD und war dann von 1990 bis 1994 Landrat im Kreis Neuruppin. Sollte Bahr zum Bürgermeister gewählt werden, dann könnte er nicht die volle Wahlperiode von acht Jahren absolvieren. Bereits nach rund fünf Jahren würde er die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren erreichen. Dann müsste er einpacken. Die nahe Altersgrenze war auch der Grund dafür, warum Otto Theel sich darum bemühte, in den Landtag zu wechseln. Übergangsweise schwingt im Neuruppiner Rathaus Otto Theels frühere Stellvert...

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