Nelson Mandela kam an sein Krankenbett
Zackie Achmat, der charismatische Führer der südafrikanischen Bewegung der HIV-Infizierten, hat ein kleines Match verloren - aber auch schon viele gewonnen
Ein kleines Match hat der weltweit bekannte Führer der südafrikanischen Bewegung der HIV-Infizierten verloren, doch er lächelt. Für sein Engagement in der Treatment Action Campaign (TAC), Südafrikas wichtigster Organisation für die Rechte der HIV-Positiven, wurde er als Kandidat für den diesjährigen Friedensnobelpreis nominiert. Bekommen hat ihn am Ende die kenianische Umweltaktivistin Wangari Maathai.
»Wenn ich diesen Preis hätte vergeben können, wäre er in diesem Jahr an den Israeli Mordechai Vanunu gegangen, weil er den Mut hatte, das israelische Atomprogramm zu enthüllen, und dafür 18 Jahre Gefängnis wegen vorgeblicher Spionage bekam. Auch die israelischen Soldaten, die den Dienst in den besetzten Gebieten verweigerten, oder die Piloten der israelischen Luftwaffe, die keine Bomben auf Palästinensersiedlungen werfen wollten, wären die Favoriten für diese Auszeichnung gewesen«, sagt er. Von Wangari Maathai spricht er trotzdem mit Hochachtung.
Die pazifistischen Quäker - eine schöne Episode
»Wie gesagt, es war mehr Sport«, schmunzelt der 42-jährige Achmat und kommt auf etwas Nachhaltigeres zu sprechen, das mit der Nominierung für den Friedensnobelpreis verbunden war. Er habe neue Freunde gewonnen, von denen er nie dachte, dass sie einmal seinen Kampf unterstützen würden. Es waren die pazifistischen Quäker, die ihn für diesen Preis vorgeschlagen hatten - für ihn eine sehr schöne Episode am Rande seines Kampfes mit der 1998 gegründeten Graswurzelorganisation TAC.
Zackie Achmat und ein Häuflein Aktivisten wussten damals, dass sie ihre Leben nur mit den teuren Medikamenten retten können, die für die Mehrzahl der Südafrikaner unerschwinglich waren. Heute bekommen schon viele diese Medizin und können damit ein normales Leben führen. Der erste Abschnitt des Kampfes war erfolgreich. Die TAC mit Aktivisten in allen neun Provinzen des Landes habe sich zu einem »Beispiel positiver Globalisierung« entwickelt. Stolz sagt das der studierte Jurist in seinem Büro in Muizenberg, einem Vorort von Kapstadt, wo die frischen Winde des Atlantik Gedanken an den frühen AIDS-Tod, den täglich 600 Südafrikaner erleiden, leicht vertreiben.
Vor diesem Tor stand Zackie Achmat vor einiger Zeit selbst. Der prominente Aktivist, der selbst HIV-positiv ist, hatte sich geweigert, lebenserhaltende Medikamente zu nehmen, solange nicht jeder andere Südafrikaner diese Medizin auch bekomme. Wegen dieser Art von politischem Streik, mit dem er Druck auf das südafrikanische Gesundheitsministerium ausüben wollte, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand dramatisch - bis Nelson Mandela an sein Krankenbett kam und ihn erfolgreich drängte, den Streik abzubrechen.
»Wir wollen«, erläutert Achmat nun seine Strategie, »die südafrikanische Regierung dazu bringen, dass sie sich für einen Plan engagiert, nach dem mehr als 100000 Menschen schnell in Behandlung kommen, denn mehr als 400000 HIV-Infizierte bräuchten diese wegen des alarmierenden Zustandes ihres Immunsystems sofort, um das Ausbrechen der Krankheit AIDS zu verhindern.«
Die Gesprächsthemen gehen im TAC-Büro bis spät in die Nacht nicht aus. Doch solche nationalen Forderungen, sagt Zackie Achmat, entfalten nur Wirkung, wenn man sie in einen internationalen Kontext stellt. Die Weltgemeinschaft mit ihren Organisationen wie dem AIDS-Programm der Vereinten Nationen und dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose sind wichtige multilaterale Vereinigungen, die Geld für dringend benötigte Medikamente bereitstellen oder sich politisch dafür einsetzen, dass billige Generika vorbei an den Klippen des internationalen Patentrechts hergestellt werden können.
Obwohl auch Südafrika Geld von UN-AIDS und dem Globalen Fonds bekommt, gehört es zu den Ländern, die dank ihrer Wirtschaftskraft nicht unbedingt mehr Geld brauchen. Aber auf seinen Reisen erlebt Zackie Achmat immer wieder Länder, die dringend auf dieses Geld der Industrienationen angewiesen sind. Reiche Staaten wie Japan, Deutschland und die USA haben indes ihre Verpflichtungen dazu in diesem Jahr nicht eingehalten. Fast alle anderen europäischen Länder dagegen erfüllen ihre Zusagen, konstatiert Achmat. Bei den USA ergebe sich die zusätzliche Schwierigkeit, dass die Bush-Regierung an die Mittelvergabe bestimmte Bedingungen knüpft, zum Beispiel, dass Hilfsorganisationen keine Generika, sondern teure Originalmedikamente kaufen müssen.
Unter einer positiven Globalisierung versteht Zackie Achmat auch den Wandel, der sich in Sachen Offenheit auf allen Ebenen der Gesellschaft abzeichnet, mit dem Thema AIDS umzugehen. »Das größte Problem allerdings ist, dass sich vor allem Leute aus der Mittelklasse, gleich ob Weiße, Schwarze, Farbige oder Inder, nicht eingestehen, dass sie HIV-infiziert sind«, urteilt er. Arme Leute seien da offener. Bei der Arbeitslosigkeit im Land von rund 40 Prozent herrsche riesige Hoffnungslosigkeit. Statistisch gesehen wird einer von vier Südafrikanern bei dieser wirtschaftlichen Entwicklung nie im Leben einen Job bekommen. Besonders für die junge Generation ließen sich daraus keine Perspektiven entwickeln. Die Flucht in Sex und Drogen sei das Ergebnis.
Doch es gibt nach Achmats Ansicht eine Alternative dazu, auch für jene, die sich vor allem durch Geschlechtsverkehr, die Hauptübertragungsursache des HIV-Virus, infiziert haben. »Wenn alle Menschen selbstverständlichen Zugang zu lebenserhaltenden Medikamenten haben, wächst automatisch das Bewusstsein über die Überwindung der Krankheit«, meint er.
Kirchen als »Fels in der Brandung«
Ein Problem sei auch die Haltung von Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, der AIDS im wesentlichen auf ökonomische Ursachen zurückführe. Seine in die Schlagzeilen der Weltpresse eingegangene Aussage, dass man Knoblauch mit Zitrone essen solle, um den Virus zu töten, sei nicht zum Lachen. Dagegen lobt Achmat das vielfältige Engagement von Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften bei der Betreuung von AIDS-Kranken und AIDS-Waisen. Er nennt sie »einen Fels in der Brandung beim Umgang mit der Krankheit«. Allerdings hätten sie Schwierigkeiten, über Realitäten wie menschliche Sexualität oder die Kondomfrage zu sprechen. Kondome würden von manchen Kirchen abgelehnt, die moralischste Form der Verhinderung der Verbreitung von AIDS aber sei die Benutzung von Kondomen.
Zackie Achmat arbeitet unentwegt an der Verwirklichung seines großen Traums, in dem Wissen und Bildung über Streben nach Höchstprofit siegen und die ökonomischen Ursachen neuen Massensterbens überwunden sind. Dabei hat er viele freundliche Weggefährten.
ND-Spendenaktion Hilfe für Kinder
»loveLife« gegen Aids
Der HIV-Virus wütet in Südafrika besonders aggressiv. ND-Leser können helfen, die Folgen der mörderischen Krankheit einzudämmen. Ihre Spende im Rahmen unserer Solidaritätsaktion 2004 kommt auch »Leka Gape« zugute, einem vom Weltfriedensdienst unterstützten Selbsthilfezentrum im Norden Südafrikas. Das dazu gehörende Jugendprojekt »loveLife« will durch Aufklärung die HIV-Infektions- und Schwangerschaftsrate von Kindern und Jugendlichen um 50 Prozent reduzieren.
SODI e.V. - Konto:990009220
Berliner Sparkasse BLZ 10050000
Kennwort »Starke Frau...
»Wenn ich diesen Preis hätte vergeben können, wäre er in diesem Jahr an den Israeli Mordechai Vanunu gegangen, weil er den Mut hatte, das israelische Atomprogramm zu enthüllen, und dafür 18 Jahre Gefängnis wegen vorgeblicher Spionage bekam. Auch die israelischen Soldaten, die den Dienst in den besetzten Gebieten verweigerten, oder die Piloten der israelischen Luftwaffe, die keine Bomben auf Palästinensersiedlungen werfen wollten, wären die Favoriten für diese Auszeichnung gewesen«, sagt er. Von Wangari Maathai spricht er trotzdem mit Hochachtung.
Die pazifistischen Quäker - eine schöne Episode
»Wie gesagt, es war mehr Sport«, schmunzelt der 42-jährige Achmat und kommt auf etwas Nachhaltigeres zu sprechen, das mit der Nominierung für den Friedensnobelpreis verbunden war. Er habe neue Freunde gewonnen, von denen er nie dachte, dass sie einmal seinen Kampf unterstützen würden. Es waren die pazifistischen Quäker, die ihn für diesen Preis vorgeschlagen hatten - für ihn eine sehr schöne Episode am Rande seines Kampfes mit der 1998 gegründeten Graswurzelorganisation TAC.
Zackie Achmat und ein Häuflein Aktivisten wussten damals, dass sie ihre Leben nur mit den teuren Medikamenten retten können, die für die Mehrzahl der Südafrikaner unerschwinglich waren. Heute bekommen schon viele diese Medizin und können damit ein normales Leben führen. Der erste Abschnitt des Kampfes war erfolgreich. Die TAC mit Aktivisten in allen neun Provinzen des Landes habe sich zu einem »Beispiel positiver Globalisierung« entwickelt. Stolz sagt das der studierte Jurist in seinem Büro in Muizenberg, einem Vorort von Kapstadt, wo die frischen Winde des Atlantik Gedanken an den frühen AIDS-Tod, den täglich 600 Südafrikaner erleiden, leicht vertreiben.
Vor diesem Tor stand Zackie Achmat vor einiger Zeit selbst. Der prominente Aktivist, der selbst HIV-positiv ist, hatte sich geweigert, lebenserhaltende Medikamente zu nehmen, solange nicht jeder andere Südafrikaner diese Medizin auch bekomme. Wegen dieser Art von politischem Streik, mit dem er Druck auf das südafrikanische Gesundheitsministerium ausüben wollte, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand dramatisch - bis Nelson Mandela an sein Krankenbett kam und ihn erfolgreich drängte, den Streik abzubrechen.
»Wir wollen«, erläutert Achmat nun seine Strategie, »die südafrikanische Regierung dazu bringen, dass sie sich für einen Plan engagiert, nach dem mehr als 100000 Menschen schnell in Behandlung kommen, denn mehr als 400000 HIV-Infizierte bräuchten diese wegen des alarmierenden Zustandes ihres Immunsystems sofort, um das Ausbrechen der Krankheit AIDS zu verhindern.«
Die Gesprächsthemen gehen im TAC-Büro bis spät in die Nacht nicht aus. Doch solche nationalen Forderungen, sagt Zackie Achmat, entfalten nur Wirkung, wenn man sie in einen internationalen Kontext stellt. Die Weltgemeinschaft mit ihren Organisationen wie dem AIDS-Programm der Vereinten Nationen und dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose sind wichtige multilaterale Vereinigungen, die Geld für dringend benötigte Medikamente bereitstellen oder sich politisch dafür einsetzen, dass billige Generika vorbei an den Klippen des internationalen Patentrechts hergestellt werden können.
Obwohl auch Südafrika Geld von UN-AIDS und dem Globalen Fonds bekommt, gehört es zu den Ländern, die dank ihrer Wirtschaftskraft nicht unbedingt mehr Geld brauchen. Aber auf seinen Reisen erlebt Zackie Achmat immer wieder Länder, die dringend auf dieses Geld der Industrienationen angewiesen sind. Reiche Staaten wie Japan, Deutschland und die USA haben indes ihre Verpflichtungen dazu in diesem Jahr nicht eingehalten. Fast alle anderen europäischen Länder dagegen erfüllen ihre Zusagen, konstatiert Achmat. Bei den USA ergebe sich die zusätzliche Schwierigkeit, dass die Bush-Regierung an die Mittelvergabe bestimmte Bedingungen knüpft, zum Beispiel, dass Hilfsorganisationen keine Generika, sondern teure Originalmedikamente kaufen müssen.
Unter einer positiven Globalisierung versteht Zackie Achmat auch den Wandel, der sich in Sachen Offenheit auf allen Ebenen der Gesellschaft abzeichnet, mit dem Thema AIDS umzugehen. »Das größte Problem allerdings ist, dass sich vor allem Leute aus der Mittelklasse, gleich ob Weiße, Schwarze, Farbige oder Inder, nicht eingestehen, dass sie HIV-infiziert sind«, urteilt er. Arme Leute seien da offener. Bei der Arbeitslosigkeit im Land von rund 40 Prozent herrsche riesige Hoffnungslosigkeit. Statistisch gesehen wird einer von vier Südafrikanern bei dieser wirtschaftlichen Entwicklung nie im Leben einen Job bekommen. Besonders für die junge Generation ließen sich daraus keine Perspektiven entwickeln. Die Flucht in Sex und Drogen sei das Ergebnis.
Doch es gibt nach Achmats Ansicht eine Alternative dazu, auch für jene, die sich vor allem durch Geschlechtsverkehr, die Hauptübertragungsursache des HIV-Virus, infiziert haben. »Wenn alle Menschen selbstverständlichen Zugang zu lebenserhaltenden Medikamenten haben, wächst automatisch das Bewusstsein über die Überwindung der Krankheit«, meint er.
Kirchen als »Fels in der Brandung«
Ein Problem sei auch die Haltung von Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, der AIDS im wesentlichen auf ökonomische Ursachen zurückführe. Seine in die Schlagzeilen der Weltpresse eingegangene Aussage, dass man Knoblauch mit Zitrone essen solle, um den Virus zu töten, sei nicht zum Lachen. Dagegen lobt Achmat das vielfältige Engagement von Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften bei der Betreuung von AIDS-Kranken und AIDS-Waisen. Er nennt sie »einen Fels in der Brandung beim Umgang mit der Krankheit«. Allerdings hätten sie Schwierigkeiten, über Realitäten wie menschliche Sexualität oder die Kondomfrage zu sprechen. Kondome würden von manchen Kirchen abgelehnt, die moralischste Form der Verhinderung der Verbreitung von AIDS aber sei die Benutzung von Kondomen.
Zackie Achmat arbeitet unentwegt an der Verwirklichung seines großen Traums, in dem Wissen und Bildung über Streben nach Höchstprofit siegen und die ökonomischen Ursachen neuen Massensterbens überwunden sind. Dabei hat er viele freundliche Weggefährten.
ND-Spendenaktion Hilfe für Kinder
»loveLife« gegen Aids
Der HIV-Virus wütet in Südafrika besonders aggressiv. ND-Leser können helfen, die Folgen der mörderischen Krankheit einzudämmen. Ihre Spende im Rahmen unserer Solidaritätsaktion 2004 kommt auch »Leka Gape« zugute, einem vom Weltfriedensdienst unterstützten Selbsthilfezentrum im Norden Südafrikas. Das dazu gehörende Jugendprojekt »loveLife« will durch Aufklärung die HIV-Infektions- und Schwangerschaftsrate von Kindern und Jugendlichen um 50 Prozent reduzieren.
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