Ob Gärtnerin oder Gräfin

Osterpremiere mit Piccinni im Schlosstheater Rheinsberg

  • Hanno Harnisch
  • Lesedauer: 2 Min.
Um es vorwegzunehmen: Es war wieder mal eine wahre Freude, die die Rheinsberger Musikakademie zum Auftakt ihrer Festtage der alten Musik auf der neuen Bühne des alten Schlosstheaters bereitet hatte. 1760, also 14 Jahre bevor Prinz Heinrich sich diese in Rheinsberg bauen ließ, hatte »Gecchina oder die gute Gärtnerin« in Rom Premiere. Da wurden noch alle Frauenrollen von Kastraten gesungen, da war diese Opera buffa zeitgenössische Musik. Die Textvorlage für das Libretto hatte Carlo Goldoni geliefert, einer, der sich bestens auskannte bei den niederträchtigen Intrigen zwischen Herrschaften und Dienern. Die Musik komponierte Niccolo Piccinni, der Dutzende von Opern hinterließ, heute aber nur noch Musikhistorikern ein Begriff ist. Acht junge Talente aus ganz Europa nehmen diesem schlichten Liebesverwirrspiel seine Zopfigkeit. Simone Zeisberg-Meiser inszenierte die Geschichte von »Treu und Ehrbarkeit« heiter und leicht ironisch. In einer schrägen Orangerie, gebaut aus Tüll (Bühne & Kostüme Jens Höbner), reibt sich die alte Zeit an der neuen. Zwischen überdimensionalen Palmenbildern, Spiegeln oder einem Riesen-Puzzle von einer Mercedes-Staatskarosse aus der Adenauer-Zeit wird frisch und sicher gesungen. Agata Wilewska als Marchesa ist nicht nur gut in der Koloratur. Wie sie, ein paar Takte nur, mit ihrem Bruder, weil der ihre Gärtnerin umgarnt (Arnold Rutkowski) rumzankt, das hat was - weil sie es auf Polnisch machen. Die Titelheldin, gesungen und gespielt von der in Italien aufgewachsenen Engländerin Sylvia Schwartz, verlieh der umworbenen guten Gärtnerin genau den Liebreiz, der den etwas blassen Marchese anmacht. Auch wenn sie nicht, wie sich hochdramatisch im Stückverlauf herausstellt, von höherer Abstammung wäre, muss man sie lieben, egal ob Gärtnerin oder Gräfin. Die Mitwirkenden aus 18 Ländern (Dirigent Fausto Nardi) haben dieses Stück aus dem 18. Jahrhundert gut »aufgehoben«. Und sich richtig toll gefreut über den Riesenapplaus des Premierenpublikums in diesem feinen Haus für junge Künstler. Nächste Vorstellungen: Sa u. So, 19.30 Uhr, 9.4. 19 Uhr, 10.4. 15 Uhr, Kartentelefon 033931/39296

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