- Ratgeber
- Nachbarrecht
Wenn der Nachbar die Sicht auf die Straße zubaut
Wir (beide über 75 Jahre) bewohnen ein Einfamilienhaus. Der Nachbar zur Westseite hat drei große verkleidete Carports gebaut, so dass wir aus dem Fenster keine Aussicht mehr auf die Straße haben. Der Nachbar auf der Ostseite will jetzt zwei Carports direkt an der Grenze unseres Grundstückes bauen, was uns auch hier die Sicht nimmt. Wir sind leider ans Haus und ans »Rausgucken« gebunden. Nach Auskunft des Bauamtes dürfen Garagen direkt an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Müssen wir das dulden?
Heinz H., 39288 Burg
Offenbar ist es auch in dieser Gemeinde baurechtlich zulässig, Garagen unmittelbar an der Grenze eines Nachbargrundstückes zu errichten. Das ist allgemein so, es sei denn, örtliche Regelungen schließen das aus. Der Bauherr hat gegenüber seinen Nachbarn lediglich eine Informationspflicht. Grundsätzlich darf der Eigentümer einer Sache mit dieser nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen (§ 903 BGB).
Im Weiteren enthält der »Abschnitt 3 Eigentum« im BGB (§ 903 bis 924) nur einschränkende Regelungen bei schwerwiegenden Störungen, die von einem Grundstück gegenüber anderen Grundstücken ausgehen, wie die Zuführung unwägbarer Stoffe oder die Betreibung Gefahr drohender Anlagen, das Verbot, über die Grundstücksgrenze zu bauen, die Vermeidung von übergreifenden Ästen oder Wurzeln, wenn sie die Benutzung des Nachbargrundstückes beeinträchtigen. Regelungen zu Sichtbehinderungen auf ein benachbartes Grundstück sind im BGB nicht enthalten.
Das Anliegen berührt aber dennoch die Nachbarschaftsbeziehungen. So bestimmt z. B. das Brandenburgische Nachbarrechtsgesetz im § 1 - Grundsatz -: »Die Grundstücksnachbarn haben ihre nachbarlichen Beziehungen so zu gestalten, dass ihre individuellen und gemeinschaftlichen Interessen mit den Erfordernissen, die an ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis zu stellen sind, übereinstimmen und gegenseitig keine Schäden oder vermeidbare Belästigungen aus der Nutzung der Grundstücke und Gebäude entstehen. Zur Beilegung von Konflikten haben sie verantwortungsbewusst zusammenzuarbeiten.«
Im Weiteren bestimmt das Nachbarrechtsgesetz zum »Fenster- und Lichtrecht« in den §§ 20 bis 22, dass ein Abstand zwischen der Außenwand, wenn sich in dieser Fenster oder Türen befinden, und der Grundstücksgrenze von mindestens drei Metern einzuhalten ist. Bei einem Carport, unmittelbar an der Grenze gebaut, trifft das nicht zu. In den anderen Bundesländern gibt es gleichartige Regelungen in ihren Nachbarrechtsgesetzen.
Für den konkreten Fall heißt das: Es besteht kein rechtlich oder gerichtlich durchsetzbarer Anspruch darauf, dass der Nachbar seine Garagen an einer Stelle seines Grundstückes errichten muss, wodurch er den betagten Nachbarn nicht den Blick aus ihrem Fenster zur Straße verstellt. Gemäß der oben zitierten Grundsatzbestimmung sollte mit dem Nachbarn (vielleicht mit Bekannten- oder Freundeshilfe) darüber gesprochen werden, dass er einen günstigeren, auf seinem Grundstück nach hinten verlegten Standort nimmt. Dabei können aber erhebliche Mehrkosten, z. B. für die Befestigung der Zufahrt entstehen, über die auch eine Verstä...
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