- Politik
- E2ZSI Neonazis als
Belastungszeugen
Autonome sollen Rechtsextremisten angegriffen haben Von Reimar Paul, Göttingen
Vor dem Göttinger Landgericht hat ge-'süern'ein Strafverfahren gegen Angehörige der, autonomen Szene begonnen.
Die Staatsanwaltschaft legt vier Männern und einer Frau zwischen 28 und 36 Jahren schweren Landfriedensbruch, versuchte Brandstiftung, Sachbeschädigung und Körperverletzung zur Last. Einer der Angeklagten muß sich außerdem wegen versuchtem Totschlag verantworten.
Am 26. Oktober 1991, so die Staatsanwaltschaft, sollen sich die Beschuldigten in Mackenrode bei Göttingen am Angriff von 50 Autonomen auf das Haus des damaligen Neonaziführers Karl Polacek beteiligt haben. Sie hätten Steine, Flaschen und Brandsätze geworfen und Autos beschädigt. Die Angeklagten erklärten gestern dagegen, bei der »spontanen Protestaktion« gegen eine Versammlung von Rechtsradikalen in dem Gebäude seien die linken Demonstranten von etwa 30 Neonazis mit »Sensen, Steinen und Molotow-Cocktails« attackiert worden.
Bei den Auseinandersetzungen wurden damals 15 Neonazis verletzt, drei von ihnen schwer Ein von einer Stahlmutter
im Gesicht getroffener Mann mußte operiert werden - aus dieser Verletzung resultiert die Anklage wegen versuchtem Totschlag.
Das Haus von Polacek, der zeitweise niedersächsischer Landesvorsitzender .der inzwischen verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) war, diente Rechtsradikalen aus der Region seit 1983 als Treffpunkt und Schulungszentrum. Auch Überfälle auf Ausländer und andere Gewalttaten wurden nach Erkenntnissen der Polizei in Mackenrode geplant. Zu den Zöglingen Polaceks gehörten die Neonazis Thorsten Heise und Ingo Kretschmann, der 1987 beim Bombenbasteln ums Leben kam. Polacek selbst wurde 1992 nach starkem öffentlichen Druck in sein Heimatland Österreich ausgewiesen.
Ihre Anklage gegen die Göttinger Autonomen stützt die Staatsanwaltschaft im wesentlichen auf Zeugenaussagen von Neonazis, die selbst an den fraglichen Auseinandersetzungen beteiligt waren. Ihnen waren im Verlauf der Ermittlungen von Beamten des Landeskriminalamtes Mappen mit Fotos von Angehörigen der linken Szene vorgelegt worden, auf denen sie - trotz Vermummung aller an der Mackenroder Aktion Beteiligten - die Beschuldigten identifiziert haben wollten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.