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  • ND-Leserinnen und Leser und ihre erste Liebe

Zu schüchtern für die Liebe

Erste-Liebe-Geschichte von Bernd Malcherek aus Aschersleben

  • Lesedauer: 3 Min.
Meine erste Liebe hieß Birgit, Birgit aus Wittstock an der Dosse. Birgit war oder ist ein hübsches Wesen der Natur. Wir lernten uns im Kino kennen, wo sie mit ihrem Freundeskreis vor uns saß. Wir, dumme Dorfbauern aus dem Nachbarort, hatten nichts groß vor, wir waren 14 Jahre und wollten Stadtmädchen ärgern. Dass es zwischen den Geschlechtern noch was anderes gab, bekamen wir erst später mit, ich zumindest viel später. Da die Stadtjungen nicht wollten, dass wir die Stadtmädchen ärgerten, ließen diese uns das oft spüren. Am besagten Kinotag ließen die Stadtpiepels, wie wir sie nannten, uns aus einigen Fahrrädern die Luft raus. Wir mussten - oder besser sollten - sie fünf Kilometer nach Hause schieben. Damals galt noch einer für alle, alle für einen. Unterwegs trafen wir Birgit mit ihrer Freundin, die uns eine Luftpumpe gab. So lernten wir uns kennen. Birgit hatte damals eine sehr gute Ausstrahlung, ihre Augen waren offen, ein schönes Mädchen. Es war meine schönste Zeit. Nur leider war ich so was von schüchtern, dass es langsam zur Blödheit wurde. Birgit wollte geküsst werden, so wie es mein Kumpel Hardy und Freundin taten. Ich konnte nicht über meinen Schatten springen, es ging einfach nicht. Irgendwann sagte Hardy: »Wenn Du heute Birgit nicht küsst, dann ist es aus«. Das war das Letzte was ich wollte, und so nahm ich all meinen Mut zusammen. Da mir der Anlass fehlte, wir waren wieder einmal auf der Parkbank, sagte ich zu Birgit: »Kuck mal da«. Sie sah zu mir. Ich voller Herzklopfen mit meinen Lippen Richtung Birgits Lippen, Augen zu und durch dachte ich. Da hörte ich die Worte: »Da ist doch nichts«. Und Birgit kuckte wieder geradeaus. Meine feuchten Lippen trafen etwa den linken Mundwinkel, und der heiße Kuss endete an Birgits Ohrläppchen. Ja, das war's dann. Meine Freundin stand auf, sagte was vom Kaffeetrinken und ging los. Ich traute mich nicht, einem reiferen Mädchen (Stadtmädchen) meine Gedanken zu vermitteln. Das hat unsere Freundschaft gekostet. Alle im Freundeskreis haben uns schon als Traumpaar gesehen, selber haben wir es leider nicht geschafft. Später, so 1976 mussten wir von unserer Dorfschule zur Kreisstadt. Da haben wir uns dann wieder öfter gesehen, aber der Entwicklungssprung war einfach zu groß. Als Birgit dann mit 18/19 Jahren den Sohn meines Lehrmeisters heiratete, habe ich geheult wie ein Schlosshund. Ich wollte die Trauung stören nach dem Motto: »Hat einer noch was zu sagen, denn sage er es jetzt oder schweige für immer«. Ich tat es nicht, und somit schweige ich für immer.

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