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»Kopiaste« im Land der Aphrodite

Das traditionelle Treffen der Volkssolidarität und des Reiseklubs führte in diesem Jahr nach Zypern

  • Wolfgang Weiss
  • Lesedauer: 4 Min.
»Kopiaste« gehört zu den griechischen Worten, mit denen ein Zypern-Reisender wohl zuerst Bekanntschaft macht. Es bedeutet so viel, wie »Komm und leiste uns Gesellschaft«. Darin drückt sich die natürliche und herzliche Gastfreundschaft aus, die die Bewohner der drittgrößten Mittelmeerinsel Besuchern entgegenbringen. Davon konnten sich auch die Teilnehmer des traditionellen Frühlingstreffens überzeugen, das die Volkssolidarität und der Reiseklub in diesem Jahr auf der Insel der Aphrodite, wie Zypern auch genannt wird, veranstalteten. Insgesamt 11500 Teilnehmer hatten zwischen Mitte März und Mitte Mai die Gelegenheit, das geteilte Land mit seiner 10000 Jahre alten Kulturgeschichte und seiner schwierigen politischen Gegenwart kennen zu lernen. Älteste Zeugnisse menschlicher Siedlungen auf Zypern wurden von französischen Archäologen bei Choirokoitia an der Autobahn Larnaca-Limassol an einem Berghang ausgegraben. Die Rundbauten, deren Steinfundamente noch erhalten sind, stammen aus dem Neolithikum (rund 6000 Jahre vor der Zeitrechnung) und wurden von sesshaft gewordenen Nomaden errichtet, die aus dem Gebiet des heutigen Syrien eingewandert waren. Über die jüngere Geschichte der seit der türkischen Invasion von 1974 in zwei Teile gespaltenen Insel geben die Ausgrabungen von Kurion bei Limassol Auskunft. Auf einem Felsvorsprung mit fantastischem Blick auf das Mittelmeer wurden hier Säulen, Mosaiken, ein griechisch-römisches Amphitheater und viele andere Fundstücke aus verschiedenen Jahrhunderten vor und nach der Zeitenwende freigelegt. Mit die schönsten und besterhaltenen Mosaiken kann man weiter westlich am Rande der alten Hafenstadt Paphos besichtigen. Wie auf einem Teppich sind im »Haus des Dionysos«, einer römischen Villa, Szenen aus der griechischen Mythologie mit tausenden kleinen Steinchen dargestellt. Dem vergnügungssüchtigen Gott Dionysos, so die Legende, verdankten die alten Griechen die Kunst des Weinanbaus. Den heute wohl bekanntesten Zypernwein, den »Commandaria«, benannt nach der Befehlszentrale der Kreuzritter vom Johanniter-Orden, kannten schon die Römer unter dem Namen »Nama«. Von Marcus Antonius ist überliefert, dass er an Cleopatra folgende Zeilen schrieb: »Die Süsse deiner Liebe ist wie Zypernwein«. Er schenkte ihr auch gleich die ganze Insel. Die Trauben dieses außerordentlich starken Dessertweines gedeihen an den Hängen des Troodos-Gebirges zwischen Mimosen, wildem Fenchel und Ginster. Den besten Überblick über die Geschichte Zyperns erhielten die Teilnehmer des Frühlingstreffens aber im Archäologischen Museum von Nikosia. Hier wurden Ausgrabungen aus der Zeit von 8000 Jahren vor Christi bis zum Untergang des Römischen Reiches zusammengetragen. Darunter befindet sich der »Gehörnte Gott«, eine bronzene Kultfigur aus dem 12. vorchristlichen Jahrhundert, und eine sehr gut erhaltene Marmorstatue der Aphrodite aus dem 1. Jahrhundert n. Ch. Um Aphrodite dreht sich auf Zypern alles. Die Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit soll hier bei Petra tou Romiou aus dem Schaum des Meeres geboren sein. In Nikosia, das sich heute mit dem zweifelhaften Ruhm schmücken kann, die einzige noch geteilte Hauptstadt der Welt zu sein mit Mauer, Stacheldraht und Pufferzone, fand auch das eigentliche Frühlingsfest der Volkssolidarität statt. Jeden Sonntag rollten im griechisch-zypriotischen Teil der Stadt bis zu 50 Reisebusse mit Teilnehmern des Treffens an. Die Organisation des Treffens stellte eine gewaltige und in diesem Umfang wohl auch einmalige logistische Meisterleistung des Veranstalters Monorama Touristik dar. Laut Geschäftsführer Lutz Böndgen waren wöchentlich zwischen 1600 und 2400 Teilnehmer zu betreuen. Untergebracht waren die Gäste in Vier-Sterne-Hotels in den Badeurlauberzentren Agia Napa und Protaras im Südosten Zyperns. »Hier finde ich schnell Kontakt, fühle mich wohl«, beschrieb der 82-jährige Hermfried Müller aus Magdeburg seine Stimmungslage. »Man hilft sich gegenseitig, und niemand sieht einen schief an, wenn es beim Ein- oder Aussteigen mal nicht so schnell geht«. Das Gemeinschaftsgefühl und das abwechslungsreiche Ausflugsprogramm haben auch Jüngere, wie die 43-jährige Birgit Heike aus Merseburg, zur Teilnahme bewogen. »Alt und Jung ergänzen sich hier gut«, lautete ihr Fazit. Zum Abschluss jeder sonntäglichen Frühlingsfestveranstaltung lüftete Klaus Lenk vom Reiseklub dann das Geheimnis, wo das nächste Treffen im Jahr 2006 stattfindet: An der Costa de la Luz, der spanischen Atlantikküste westlich von Gibraltar. Infos: Monorama Touristik, Möllendorffstrasse 48, 10367 Berlin; Tel. (030)29366307

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