Der neue BVG-Fahrplan kommt am Wochenende über Nacht
U-Bahn im alten Takt / Viel Neues auf Buslinien / Zwei Spinnen für ein Berlin Von Karin Nölte
In der Nacht zum kommenden Sonntag wechselt die BVG wieder ihre Fahrpläne. Geändert werden Streckenführungen, Taktzeiten, Haltestellen, Liniennummern ... Über Nacht sollen die rund 12 500 Fahrplanaushänge ausgetauscht werden.
Am wenigsten Neues gibt es bei der U-Bahn. Nur auf der U 2, U 5, U 7 und U 9 wird in der Hauptverkehrszeit ein kürzerer, 3 bzw. 3 1/3-Minuten-Takt eingeführt. Ansonsten fährt die U-Bahn wieder im alten Takt nach dem Fahrplan, der von Dezember '97 bis vor Ostern galt. Darüber zeigte sich der BVG-Vorstand
gestern vor der Presse höchst verärgert, wollte er doch morgens, vor allem am Wochenende, später losfahren. 20 bis 30 Millionen Mark im Jahr sollten so eingespart werden. Doch die Senatsverkehrsverwaltung hatte dieses Mal die Verschlechterung des Angebots nicht genehmigt. Sehr zur Überraschung der BVG, die sich auf einen Vertrag mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe beruft, wonach im Jahr fünf Prozent »Nutzwagenkilometer« eingespart werden dürften. Hans-Heino Duberkropp, BVG-Vorstand Betriebe, sieht Erklärungsbedarf seitens des Senats über eine »offensichtlich neue Politik« und will die geplante Sparmaßnahme dann eben später, eventuell mit dem nächsten Winterfahrplan, durchsetzen.
Die meisten Änderungen kommen auf die Bus-Fahrgäste zu. Neu ist der Expressbus X 83 zwischen Steglitz und Lankwitz. Einige Linien ins Umland werden eingeschränkt, weil die angrenzenden Landkreise laut BVG ihre Mitfinanzierung reduziert oder eingestellt haben. Das betrifft beispielsweise den 107er, der au-ßerhalb der Hauptverkehrszeiten zwischen Schildow, Kirche und Hermsdorf nur noch alle 60 Minuten fährt, und den N 51er zwischen Nordend und Schildow, Kirche. Fahrgäste in der West-City müssen auf neue Streckenführungen (110, 210, 204) aufpassen, auf neue Fahrpläne (129, 219), Umbenennungen (der nördliche Teil der Linie 204 wird zur 139) und den Wegfall von Haltestellen (eine statt zwei am Luisenplatz). Im Osten fährt der 256er (bisher 259er)
von der Siedlung Wartenberg jetzt bis Bahnhof Lichtenberg. Der 259er endet am Stadion Buschallee/Hansastraße, womit die Parallelverbindung mit der Stra-ßenbahn aufgegeben wird. Der 156er verkehrt im Spätverkehr und an Wochenenden nur zwischen S-Bahnhof Prenzlauer Allee und Stadion Buschallee/Hansastraße. Dutzende weitere Verdichtungen, Verkürzungen, Fahrplanänderungen kündigte die BVG an - zuviel für eine Zeitungsseite. Jedem sei empfohlen, in seiner Stammlinie nach ausliegenden Informationszetteln Ausschau zu halten.
Gleiches gilt für die Straßenbahn. Hier nur soviel: Die 27 und 67 reichen ab Sonntag bis Johannisthai, Haeckelstraße, dafür enden die 28 und 61 schon am Bahnhof Schöneweide.
Mit diesem Fahrplan findet die Namens-Odyssee eines U-Bahnhofs im Osten ein Ende: Frankfurter Tor - Rathaus Friedrichshain - Petersburger Stra-ße wird endlich wieder Frankfurter Tor
Daß die BVG sich auch selbst bewegen kann, zeigen zwei Neuerungen: Kurzstreckenfahrausweise gelten nun auch
auf Expressbuslinien, allerdings müssen auch Haltestellen mitgezählt werden, an denen gar nicht gehalten wird. Und Fahrräder dürfen jetzt zusätzlich auch montags bis freitags von Betriebsbeginn bis 6 Uhr mitgenommen werden.
Noch eine gute Nachricht: Die BVG-Atlanten sind frisch auf dem Markt - kostenlos für Abonnenten, sonst 9,50 Mark. Und eine schlechte: Das Kursbuch verzögert sich um drei bis vier Wochen. Wegen des Konflikts BVG - Senatsverkehrsverwaltung war das vorbereitete vor dem Druck zur Makulatur geworden.
Schließlich eine kuriose: Die Berliner haben es ab sofort mit zwei Netzspinnen zu tun. Eine neue, kundenfreundlichere, wie Journalisten gestern bemerkten, und eine »alte Westspinne«. Erstere hatte der Verkehrsverbund nach einer Ausschreibung bei der Berliner Werbeagentur »kontur« in Auftrag gegeben, an letzterer hält die BVG, bei der Ausschreibung unterlegen, bockig fest.
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