PLATTENBAU
Nicht nur die musikalische, auch die persönliche Entwicklung von Sinéad OConnor verlief alles andere als geradlinig. Feinde machte sich die sanfte Rebellin vor allem mit ihren radikalen Äußerungen gegen unzeitgemäße Haltungen der katholischen Kirche und gegen die imperialistische Politik der USA. Aber auch ihr beständiger Rückzug, erst ins Private, dann zunehmend ins Spirituelle, wurde von einigen Kritikern mit Argwohn, gar mit Spott bedacht. Dabei spricht aus jedem Ton der irischen Ausnahmekünstlerin und aus jeder ihrer Gesten tiefste Ehrlichkeit. Bei allem Wandel hat Sinéad OConnor sich eines bewahrt: Haltung. Wer ihr Selbstinszenierung oder Geltungssucht vorwirft, kann sie noch nie auf einem Konzert erlebt haben: Unprätentiös im Auftreten, bedingungslos vertieft in ihre Kunst, strahlt sie eine Einfachheit aus, die im Popgeschäft selten ist.
Wenn Sinéad OConnor ein neues Album veröffentlicht, kann man nicht wissen, was einen erwartet. Zwischen ihrem wütend rockenden Debüt »The Lion And The Cobra« (1987) und der letzten Solo-Platte »Sean Nos Nua« (2003) mit Interpretationen traditioneller irischer Lieder liegen musikalische Welten. Auf jedem ihrer sechs Solo-Studio-Alben, denen noch in diesem Jahr ein weiteres folgen soll, schlug Sinéad OConnor gänzlich andere Töne an. Die einzige musikalische Konstante ist ihre unverwechselbare Stimme. Keine andere Pop-Sängerin transportiert Zerbrechlichkeit mit so viel Stabilität, keine kann ohne jeglichen Kitsch so sentimental sein wie sie.
Durch ihre musikalische Vielfalt überrascht auch die aktuelle CD »Collaborations« -, obwohl kein einziges neues Stück darauf enthalten ist. Stattdessen hört man eine Auswahl von 17 Songs, die Sinéad OConnor in mittlerweile zwei Jahrzehnten zusammen mit anderen Bands und Solisten aufgenommen hat. Für Fans ist diese Platte ein Geschenk: Waren die darauf enthaltenen Titel bislang auf einzelnen Tonträgern verstreut und zum Teil sehr schwer überhaupt zu bekommen, vermittelt das Album einen guten Überblick über Sinéads (oft im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehenden) Seitenprojekte.
Das älteste enthaltene Stück »Heroine« nahm die Sängerin gemeinsam mit The Edge von U2 für den Soundtrack zum Film »Captive« bereits Mitte der 80er Jahre auf, noch bevor ihr Solo-Debüt erschien. Die jüngste Produktion »Its All Good« spielte sie 2004 mit dem irischen Folksänger Damien Dempsey ein, der auch bei ihren beiden Deutschlandkonzerten vor zwei Jahren mit auf der Bühne stand. Die zwischen sphärischem TripHop (Massive Attack), klugem Rock (U2), luftigem Reggae-Sound (Asian Dub Foundation), sympathischem Folk (Dempsey) und leiser Weltmusik (Peter Gabriel, Jah Wobble) wechselnden Stücke sind nicht chronologisch, sondern atmosphärisch miteinander verbunden. Nicht zuletzt wegen der durchdachten Anordnung kommt diese Musik so angenehm und unaufdringlich daher. Nach anfänglicher Enttäuschung darüber, dass das großartige Duett »Haunted by the Goast« mit dem hemdsärmligen Shane MacGowan auf dem Album fehlt, wird mit jedem Hören klarer, dass die alkohol- und tabakraue Stimme des Pogues-Sängers einfach nicht ins Gefüge dieser Platte gepasst hätte. Da auch andere Koproduktionen fehlen (z.B. mit den Chieftains und Willie Nelson), kann man ohnehin au...
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