»Wo du bist, kann kein Nazi sein« lautete am Samstag in Jena das Motto das Tages. Die Jenenser verteidigten ihre Innenstadt erfolgreich gegen ein »Fest der Völker«, zu dem Neonazis aus ganz Europa angereist waren.
Brust raus statt Arm hoch: Die Stadt Jena trat am Samstag Rechtsextremismus mit unzähligen Veranstaltungen und Kundgebungen entgegen. Zum »Fest der Völker« hatten der »Nationale Widerstand Jena« (NWJ) und der NPD-Kreisvorsitzende, Ralf Wohlleben, eingeladen. Erst am Freitag hatte das Oberverwaltungsgericht Weimar entschieden, dass es doch stattfinden darf: auf dem »Gries«, einem Platz am Rande der Innenstadt, für den am Nachmittag schon zuvor eine Gegenveranstaltung der Antifa angemeldet worden war. »Ab ungefähr halb sechs Uhr früh haben wir angefangen, die Zufahrten zum Gries mit einer Sitzblockade abzusperren«, erzählt Janine Budich. Die 27-jährige Studentin war eine von vielen, die den »Gries« nicht den Neonazis überlassen wollten. »Wir waren ungefähr 300 oder 400 Leute«, ergänzt die 18-jährige Abiturientin Jule Hannott. »Linke Autonome, Schüler, Studenten, aber auch viele Bürger der Stadt, sogar ältere Leute waren da.« Die Aktion hatte Erfolg: Obwohl ungefähr 30 Leute vorübergehend in Gewahrsam genommen wurden, musste der Aufmarsch der etwa 450 bis 500 Neonazis an den äußersten Stadtrand nach Lobeda verlegt und großräumig abgesperrt werden. Trotzdem kam es zu kleineren Zusammenstößen zwischen Rechten und linken Gegendemonstranten. Dabei wurde laut Polizei ein Rechter verletzt. Ungewöhnlich war an diesem Tag auch die Kleiderordnung der Neonazis, um die es schon bei der Demo am Mittag Gerüchte gab. Der Offene Kanal Jena hatte gemeldet, dass einige Neonazis entgegen erteilten Auflagen in ihren stahlbekappten Springerstiefeln angereist waren. Da sie mit diesem Schuhwerk nicht zum völkisch-»festlichen« Konzert eingelassen wurden, mussten sich die braunen Ver-Treter angeblich im Baumarkt Gummi-Schlappen kaufen. Nachmittags bestätigte sich das. Nach dem Umgehen der lockerer gewordenen Polizeisperre sah man einige braune Brüder mit Gummi-Schuhen in der Hand von dannen ziehen. Gutes Schuhwerk brauchten auch die etwa 5000 Menschen, die gegen braune Einfalt und für bunte Vielfalt demonstrierten. Ungefähr zehn Kilometer Straße legten die Thüringer zurück. »Aber die lange Strecke hat sich gelohnt«, fasst der 23-jährige Lehramtsstudent Frank Keilhack zusammen. »Jena ist eine offene Stadt. Wir haben gezeigt, dass wir hier keine Neonazis dulden.«
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen.
Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf
www.dasnd.de/genossenschaft