Die erste Sonnenblume kehrt zurück

Das Kinderensemble erinnert mit einer Jubiläumsgala und einem Fest an seine Gründung 1945

  • Matthias Busse
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Berbé Schmidt ist 64 Jahre alt und tanzte vor 60 Jahren im alten Friedrichstadtpalast. Ihre Auftritte hat sie nicht als Wunderkind absolviert, sondern als ganz normales Mitglied vom Kinderballett Hilde Altmann-Vogt. Bis heute spielen Kinder im Friedrichstadtpalast ihre eigenen Revuen. Das ist dem Haus an der Friedrichstraße 107 am kommenden Sonntag um 11 Uhr eine große Geburtstagsgala mit Michael Schanze wert. Danach wird bis um 16 Uhr um den Friedrichstadtpalast herum gefeiert. Die Show »60 Jahre Kinderrevue« erinnert etwa zweieinhalb Stunden lang an legendäre Produktionen mit Friedel in den 50ern, Clown Ferdinand (1957-1982) und an die Reinhard-Lakomy-Trilogie »Der Wasserkristall, Der Regenbogen, Die Sonne« (1984-1991). Auch Berbé Schmidt wird nochmals auf der Bühne zu erleben sein. Die ehemalige Tänzerin war in Trier, Mönchengladbach, am Theater des Westens und beim Fernsehen engagiert. Doch ihr erstes Kostüm hat die Reinickendorferin nicht vergessen: »Ich war eine Sommerblume. In der schlechten Zeit nach dem Krieg sah das nicht so prächtig aus wie die Kostüme heute, aber wir fanden es schön.« Dreißig Jahre später war dann Julia Richter die erste Blume von rechts neben Clown Ferdinand. Für die junge Schauspielerin, die durch den Fernsehfilm »Kommt Mausi raus«, den Kinostreifen »Sass« oder als Frau von Polizeiruf-Kommissar Jens Hinrichs bekannt ist, erfüllte sich damals ein Wunschtraum. »Als ich Clown Ferdinand gesehen hatte, wollte ich neben ihm auf der Bühne stehen«, erinnert sich die 34-Jährige. Bis heute zieht es Schüler ins Rampenlicht. Wenn im Januar Nachwuchstänzer und -schauspieler ausgesucht werden, gibt es immer mehr Interessenten als freie Plätze in dem 280 Mitglieder zählenden Ensemble. Mit sechs Jahren beginnen die Balletteleven, mit neun Jahren die Sprecher und bleiben bei entsprechender Begabung bis zu ihrem 16. Lebensjahr dabei. Zwei Mal wöchentlich wird das Handwerkszeug erlernt und sich auf die jährliche Kinderrevue im Herbst vorbereitet. Diese Arbeit leistet Christina Tarelkin mit drei Mitarbeitern und zusätzlichen Dozenten. »In dieser Form sind wir das einzige theaterpädagogische Projekt in Deutschland«, betont Intendant Thomas Münstermann. Dem Revuetheater wird sein Engagement mit nahezu ausverkauften 32 Kindervorstellungen im Jahr gedankt. Die mehr als 70000 verkauften Karten reichen nicht, um die Ausbildung der jungen Darsteller zu bezahlen. Der Friedrichstadtpalast, der nur 20 Prozent seines Gesamtetats vom Senat subventioniert bekommt, will das Kinderensemble dennoch nicht einsparen. »Uns ist das Engagement für die Jugend, der wir überall gefragte Eigenschaften wie Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit und Disziplin vermitteln, sehr wichtig«, betont Münstermann. Das habe Julia Richter für ihre Karriere genutzt, weiß sie zu schätzen. Nur etwa fünf Prozent der Mitglieder de...

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