Bereits unmittelbar nach der Befreiung vom Faschismus fand Mitte Mai 1945 in Berlin-Schöneberg eine Frauenversammlung statt, in deren Folge Ende des Monats ein Antifaschistisches Frauen-Aktiv unter Leitung von Charlotte Uhrig entstand. Gleiches geschah in Köpenick. Die Bildung dieser ersten Berliner Frauengruppen waren von den Kommunalverwaltungen in jenen Bezirken angeregt worden, um gemeinsam den chaotischen Nachkriegsalltag der Berliner in den Griff zu bekommen. Die in diesen Gruppen agierenden Frauen waren zumeist Mitglieder oder Sympathisanten der KPD, SPD, liberaler Parteien und der Gewerkschaften und hatten Widerstand gegen das Naziregime geleistet. Ihrer Ansicht nach war auch »die deutsche Frau« mitschuldig am Nationalsozialismus, weil allzu leichtgläubig, politisch ungeschult oder indifferent.
Ende Mai 1945 wurde die KPD-Zentrale auf die Schöneberger Frauengruppe aufmerksam. Ulbrichts Frau, Charlotte Kühn, holte sich bei Ellen Kuntz, damals Sekretärin des Schöneberger Bürgermeisters und Initiatorin des Schöneberger Frauen-Aktivs, erste Erkundigungen über deren Arbeitsweise und Zusammensetzung ein. Die weitere Entwicklung der Frauenausschüsse in Berlin und der sowjetischen Besatzungszone lässt den Schluss zu, dass die Kommunisten im Schöneberger Frauenaktiv das Modell für ihr frauenpolitisches Konzept im Nachkriegsdeutschland gefunden hatten. Die 1945 aus Moskau gekommene KPD-Führung hatte zwar für die Gewerkschafts- und Jugendarbeit konkrete Vorstellungen ausgearbeitet und mit deren Umsetzung auch sogleich begonnen, doch bezüglich der Arbeit mit den Frauen noch nicht. Die spontane Zusammenarbeit Berliner Frauen unterschiedlicher politischer Auffassungen entsprach der damaligen Bündnispolitik der KPD und fand sofortige Unterstützung.
Noch im Sommer 1945 bildeten sich in Friedrichshain, Tiergarten, Wilmersdorf, Prenzlauer Berg, Mitte, Wedding, Kreuzberg sowie in Biesdorf »Fraueneinheitsausschüsse« bzw. »Frauenausschüsse«, in denen Sozialdemokratinnen, Kommunistinnen, Christinnen bzw. nach Gründung der LDPD und CDU im Juni und Juli des Jahres auch Vertreterinnen dieser Parteien sowie Parteilose wirkten. Die Mitarbeit letzterer stieß in Berlin allerdings zunächst auf Widerstand, vor allem der SPD, die nur in der Mitgliedschaft in einer der von der Besatzungsmacht zugelassenen Partei antifaschistische Positionen gesichert sah. Erst im Laufe des Jahres setzte sich die KPD mit ihrer Auffassung durch, dass in den Ausschüssen auch Antifaschistinnen ohne Parteibuch mitarbeiten können und sollen. Die Arbeit der Ausschüsse wurde nicht von Partei-Richtlinien bestimmt, sondern von den Erfordernissen im Stadtbezirk.
Am 18. Juni 1945 brachte Bürgermeister Paul Schwenk (KPD) den Antrag ein, einen Frauenausschuss beim Magistrat zu bilden, um »eine intensive Aufklärungsarbeit unter den Frauen zu betreiben... Gleichzeitig muss bei den Frauen das Bewusstsein von der Größe der Aufgaben des Wiederaufbaus und der Lebensnotwendigkeit ihrer Lösung geweckt und gestärkt werden.« Am 23. August lud er Vertreterinnen der vier Parteien in den Magistrat ein: Luise Schröder und Toni Wohlgemuth von der SPD, Elli Schmidt und Marie Ahlers-Taubenheim von der KPD, Margarete Ehlert und Hildegard Staehle von der CDU, Helene Beer und Käthe Bahl von der LDPD sowie Martha Arendsee als Vertreterin der Gewerkschaft. Auf Schwenks Vorschlag hin übernahm Elli Schmidt den Vorsitz des Zentralen Frauenausschusses.
Diese erste Beratung im August 1945 lässt erkennen, dass die KPD-Vertreterinnen auf ein parteienübergreifendes, antifaschistisches Netzwerk und politische und soziale Aufgaben orientierten, während sich die SPD, CDU und LDPD frauenpolitisch auf die Arbeit innerhalb der eigenen Partei konzentrieren und an Traditionen der Weimarer Republik anknüpfen wollten. Aber auch sie plädierten angesichts von Not und Chaos der Nachkriegszeit für parteienübergreifende Zusammenarbeit. Nichtsdestotrotz gab es auch alte Vorbehalte und Konkurrenzdenken. So betrachten erfahrene Sozialdemokratinnen aus der Arbeiterwohlfahrt das soziale Engagement der Kommunisten skeptisch, während andererseits die Kommunistinnen jenen ihre soziale Kompetenz beweisen wollten.
Bedeutungsvoll für die Etablierung der Frauenausschüsse bis Ende 1945 in ganz Berlin und in der gesamten SBZ war die Unterstützung durch die sowjetische Militäradministratur. Ein Befehl vom 30. Oktober 1945 genehmigte Frauenausschüsse bei den Stadtmagistraten. Die bereits vom Berliner Frauenausschuss im August/September ausgearbeiteten Grundsätze und Arbeitsinhalte fanden mit dem SMAD-Befehl im Nachhinein Bestätigung und wurden nun für die gesamte SBZ verbindlich. Mit diesem Befehl wurden zugleich aber auch alle Initiativen verboten, »irgendwelche Frauenorganisationen bei den Parteien usw.« zu schaffen. Daher rückten nun die Frauenausschüsse stärker in das Blickfeld aller Parteien und wurden Gegenstand politischer Auseinandersetzungen, die vor allem in Berlin die Arbeit der Frauenausschüssen immer stärker behindern sollten.
Auch in den westlichen Besatzungszonen, vor allem der amerikanischen, wurden seit Mitte 1945 Frauengruppen aktiv, so in Hamburg, Heidelberg, Karlsruhe, Stuttgart, Hannover und Frankfurt (Main). Sie wiesen ähnliche Zusammensetzung und Arbeitsinhalte wie jene in der SBZ auf. Einige dieser Gruppen schlossen sich später dem im Oktober 1949 in Bad Pyrmont gebildeten Dachverband »Deutscher Frauenring« an, andere wurden gemeinnützige Vereine oder lösten sich nach einigen Jahren auf. Agnes Zahn-Harnack hatte im August 1945 von Berlin-Wilmersdorf aus den Versuch unternommen, den 1933 selbstaufgelösten Bund Deutscher Frauenvereine wieder ins Leben zu rufen, musste sich aber auf Beschluss des Alliierten Kontrollrates mit einem »Wilmersdorfer Frauenbund« begnügen.
Als sich am 13. und 14. Juli 1946 im Berliner Theater am Schiffbauerdamm (Berliner Ensemble) Delegierte der Frauenausschüsse aus der gesamten SBZ zu ihrer ersten (und letzten) Konferenz trafen, konnten sie schon Beachtliches bilanzieren: Mehrere tausend Frauenausschüsse waren auf Landesebene, Kreis-, Stadt- und Dorfebene aktiv. Tatkräftig hatten sie die Aktion des Hauptausschusses Opfer des Faschismus »Rettet die Kinder« sowie Weihnachtsaktionen für ältere Bürger unterstützt. Hunderte von Nähstuben arbeiteten in den Wohngebieten, erste Frauen- und Kinderheime waren entstanden, regelmäßig fanden Kulturveranstaltungen statt. Seit Januar 1946 hatten die Frauenausschüsse auch ihr eigenes Presseorgan: »Die Frau von heute«.
Auf der Delegiertenkonferenz im Juli nun unternahmen die SED-Frauen, unterstützt von Oberst Tulpanow von der SMAD, den Versuch, die Frauenausschüsse schrittweise in eine Frauenorganisation umzuwandeln. Doch anders als bei den Jugendausschüssen, die sich im Juni 1946 zu einer einheitlichen Organisation konstituierten, entschieden sich die Frauen für die Fortsetzung der Ausschussarbeit und wählten den Vorstand des Zentralen Frauenausschusses für die SBZ sowie als gleichberechtigte Vorsitzende: Käthe Kern (SED), Helene Beer (LDPD), Margarete Ehlert (CDU) und Anne-Marie Durand-Wever (parteilos). Leiterinnen des Ausschusses wurden Magda Sendhoff und Edith Hauser-Zorn.
Jetzt begannen in den Parteien die Auseinandersetzungen um die »neue Frauenbewegung«. Das Thema »Gründung einer Frauenorganisation« wurde intern und öffentlich ein Politikum. Das SED-Zentralsekretariat warb nach Kräften dafür, die CDU und die Berliner SPD jedoch machten aus ihrer ablehnenden Haltung kein Hehl und mobilisierten ihre weiblichen Mitglieder dagegen. Die LDPD wiederum schwankte zwischen Ablehnung und Mitarbeit.
Mit den Wahlen im Oktober 1946 in Berlin veränderte sich das politische Kräfteverhältnis zu Gunsten der SPD. Die neu gewählten Stadtverordneten beschlossen am 14. Februar 1947 mit den Gegenstimmen der SED und einem Protestauftritt der Hauptausschussvorsitzenden Maria Rentmeister die Auflösung der Ausschüsse. Die kommunistisch dominierten Frauenausschüsse wurden durch die sozialdemokratisch dominierte Arbeiterwohlfahrt und durch christliche Sozialverbände ersetzt und abgelöst. Die Frauen in den Ausschüssen wurden zu diesen Entscheidungen selbst nicht gefragt.
Im sowjetischen Sektor ging die Arbeit der Ausschüsse unter Leitung von Maria Rentmeister indes weiter, verlor aber an Dynamik und Bedeutung, ebenso in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone. Derweil gründeten die aktivsten Frauen des Zentralen Frauenausschusses ein Vorbereitungskomitee, das für Frühjahr 1947 die Gründung eines Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) vorbereitete.
Obwohl die am 9. März 1947 gegründete neue Frauenorganisation so konzipiert war, dass die Frauenausschüsse mit ihrer Anbindung an die Kommunalverwaltungen ihre sozialen Arbeitsfelder behalten und eine Existenz beider Gremien formal möglich und gewollt war, büßten die Frauenausschüsse an Bedeutung ein. Vor allem deshalb, weil der DFD, dessen Ausdehnung auf die westlichen Besatzungszonen angestrebt wurde, Priorität bei der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED genoss.
Die Frauenausschüsse existierten offiziell neben dem DFD noch bis November 1947 und wurden durch den SMAD-Befehl vom 11. November 1947 »mit dem DFD verschmolzen«. Dies geschah im Hörsaal der Berliner Charité am 26. November.
Wir-schenken-uns-nichts
Unsere
Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von
Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden
Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von
EXIT-Deutschland unterstützt.
Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.