Bei Graf Zeppelin studieren
Der Leiter der OSGV-Akademie im Gespräch
Seit 1996 ist Prof. Dr. Roland van Gisteren Direktor des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes (OSGV) Berlin. Er ist Leiter und Gründungsrektor der OSGV-Akademie & Hochschule in Potsdam/Lichtenwalde. 1990 wurde er zum Professor an der Berufsakademie Baden-Württemberg berufen. Zuvor arbeitete der gelernte Bankkaufmann von 1985 bis 1989 in der Zentrale der Deutschen Bank AG in Frankfurt/Main.
ND: Mitten im Potsdamer Wald in der Pirschheide hat man das Gefühl, das Raumschiff Enterprise sei gelandet. So riesig und supermodern mutet das Gebäude-Ensemble der Ostdeutschen Sparkassenakademie (OSA) des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbands (OSGV) an. Wie ist die OSA hierher gekommen?van Gisteren: Unsere Landesbausparkasse (LBS Ost AG) hatte Anfang der 90er Jahre die gute Idee, das Grundstück am Ufer des Templiner Sees zu kaufen. Der Sieger des späteren Architektur-Wettbewerbs für die Gestaltung auf dem Gelände des früheren Luftschiffhafens entwarf stilisierte Luftschiffe. Sie tragen Namen der hier früher stationierten Luftschiffe: Graf Zeppelin, Victoria Luise und Nordstern. Drei der fünf Luftschiff-Gebäude nutzte zunächst überwiegend die OSA.
Aber heute prangt der Name Kongresshotel über dem Eingang. Wie passt das zusammen?
Bei der Planung des Projekts Anfang der 90er Jahre war der Bedarf an Aus- und Weiterbildung bei den OSGV-Mitgliedssparkassen sehr groß. Vom Azubi bis zum Bankvorstand mussten die damals rund 32000 Mitarbeiter mit allen Themen der Marktwirtschaft und des Kreditwesens vertraut gemacht werden. Vorstände mussten als Geschäftsleiter von Kreditinstituten geschäftspolitische und gesetzliche Grundlagen des Kreditwesens vermittelt bekommen. Und auf der untersten Lehrstufe sollte die duale Ausbildung hier durch zusätzliche Angebote begleitet werden. 1996 dann konnten wir die gemeinsame Immobilie von der Landesbausparkasse und der OSA in Potsdam eröffnen, mit 500 Hotelbetten und 1300 Studienplätzen in Hörsälen, Seminarräumen und der Aula.
Alle 32000 Mitarbeiter wurden hier geschult?
Zunächst nahezu alle. Heute ist der Bedarf der 60 OSGV-Mitgliedssparkassen mit ihren 26000 Beschäftigten völlig verändert.
Irgendwann fehlte also der Nachschub an Lernenden ?
Ja. 2002/2003 war eine Sättigung bei der breit angelegten Vermittlung von Wissen erreicht. Weil es einerseits auf den internationalen Finanzmärkten zu einer hohen Konzentration von Banken kam und andererseits das deutsche Kreditwesen wegen des verschärften Wettbewerbs unter Kostensenkungsdruck geriet, wurde - wie überall in diesem Land - an der Bildung gespart.
In dieser Zeit entschied der OSGV dann, das Akademiehotel zu einem Kongresshotel weiterzuentwickeln und baulich an die Wettbewerbsbedingungen im Kongressmarkt anzupassen. Jetzt, seit September 2005, ist es nach dem Ausbau der Gastronomie ein Drei-Sterne-Superior-Hotel für Tagungen und Kongresse.
Was hat das alles gekostet?
Der Akademiebau war bis 1996 die größte gemeinsame Bildungsinvestition der ostdeutschen Sparkassenorganisation, zu der alle Sparkassen und Verbundunternehmen gehören. Genauere Zahlen bleiben intern. Aber es wurden die denkmalgeschützte Wartungshalle des ehemaligen Luftschiffhafens, die backsteinerne Shedhalle, integriert und die kulturhistorische und natürliche Gegebenheit des Geländes nicht beschädigt.
Wieviel Personal der OSGV-Mitgliedssparkassen bilden Sie jetzt noch pro Jahr aus?
Nach einer sehr hohen Auslastung zu Beginn der 90er Jahre hatten wir 2004 weniger als 50000 Präsenztage von ungefähr 11000 Mitarbeitern der Sparkassen. Heute werden zunehmend Trainings und Coachings am Arbeitsplatz in den Sparkassen durchgeführt. Das ist etwa ein Drittel unserer gesamten Bildungsmaßnahmen.
Wieviel Personal arbeitet unter den Luftschiffdächern?
Die Frage ist so einfach nicht zu beantworten, weil hier verschiedene Arbeitgeber, so auch die Landesbausparkasse mit etwa 450 Arbeitsplätzen, in ihren beiden Luftschiffen tätig sind. Zum einen beschäftigt die OSA rund vierzig MitarbeiterInnen. Das Kongresshotel hat spezifisches Personal eingestellt und beschäftigt 90 überwiegend junge Fachkräfte und Auszubildende.
Darüber hinaus sind an diverse OSGV-Gesellschaften und andere Mieter wie die Brandenburgische Kommunalakademie Büro- und Seminarräume vermietet. Weiterhin siedeln sich derzeit junge Hochschulen in privater Trägerschaft an.
In welcher Verbindung steht die OSA zur Sparkassenhochschule in Bonn?
An der OSA können Sparkassenangestellte interne Bildungsabschlüsse wie zum Sparkassen-Fachwirt oder -Betriebswirt machen. Allerdings strebten viele von uns gut ausgebildeter Nachwuchskräfte mit Studienberechtigung staatliche Hochschulabschlüsse an. Sie wanderten gerade aus Ostdeutschland ab und kamen nicht wieder, weil Zukunfts- und Karriereaussichten in den alten Bundesländern aussichtsreicher erschienen.
Deshalb entschied der OSGV, eine eigene Hochschule zu gründen, die Sparkassen-Hochschule Lichtenwalde (FH) bei Chemnitz in Sachsen. Parallel hierzu begann der DSGV bundesweit, die Hochschule der S-Finanzgruppe in Bonn aufzubauen. Um nicht doppelte Ausgaben zu produzieren, schlossen DSGV und OSGV einen Kooperationsvertrag, wonach Potsdam als ein Standort der Bonner Hochschule integriert wurde.
Und wie bekommen Sie damit Ihr Drei-Sterne-Hotel voll - angesichts der Konkurrenz von Kongresshotels in Potsdam?
Wir haben seit 1998 im früheren Akademiehotel und seinem schon damals so genannten Kongresszentrum einen Mix von Kunden aus Wirtschaft, Politik, Kultur, Stiftungen, Bildung und Wissenschaftseinrichtungen wie den Hochschulen in Berlin und Potsdam und den außeruniversitären Forschungsstätten gewinnen können, deren Veranstaltungen wir bei uns integriert haben.
Unsere Wettbewerber am Hotelmarkt kannten unser Konzept also. Aber jetzt vermarkten wir unsere Anlage aktiv und erfolgreich national wie international. Dies ist ein Zugewinn für den Bildungs-, Wissenschafts- sowie Kongress- und Kultur-Tourismusstandort Potsdam.
Fragen: Michaela von der HeydtND: Mitten im Potsdamer Wald in der Pirschheide hat man das Gefühl, das Raumschiff Enterprise sei gelandet. So riesig und supermodern mutet das Gebäude-Ensemble der Ostdeutschen Sparkassenakademie (OSA) des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbands (OSGV) an. Wie ist die OSA hierher gekommen?
van Gisteren: Unsere Landesbausparkasse (LBS Ost AG) hatte Anfang der 90er Jahre die gute Idee, das Grundstück am Ufer des Templiner Sees zu kaufen. Der Sieger des späteren Architektur-Wettbewerbs für die Gestaltung auf dem Gelände des früheren Luftschiffhafens entwarf stilisierte Luftschiffe. Sie tragen Namen der hier früher stationierten Luftschiffe: Graf Zeppelin, Victoria Luise und Nordstern. Drei der fünf Luftschiff-Gebäude nutzte zunächst überwiegend die OSA.
Aber heute prangt der Name Kongresshotel über dem Eingang. Wie passt das zusammen?
Bei der Planung des Projekts Anfang der 90er Jahre war der Bedarf an Aus- und Weiterbildung bei den OSGV-Mitgliedssparkassen sehr groß. Vom Azubi bis zum Bankvorstand mussten die damals rund 32000 Mitarbeiter mit allen Themen der Marktwirtschaft und des Kreditwesens vertraut gemacht werden. Vorstände mussten als Geschäftsleiter von Kreditinstituten geschäftspolitische und gesetzliche Grundlagen des Kreditwesens vermittelt bekommen. Und auf der untersten Lehrstufe sollte die duale Ausbildung hier durch zusätzliche Angebote begleitet werden. 1996 dann konnten wir die gemeinsame Immobilie von der Landesbausparkasse und der OSA in Potsdam eröffnen, mit 500 Hotelbetten und 1300 Studienplätzen in Hörsälen, Seminarräumen und der Aula.
Alle 32000 Mitarbeiter wurden hier geschult?
Zunächst nahezu alle. Heute ist der Bedarf der 60 OSGV-Mitgliedssparkassen mit ihren 26000 Beschäftigten völlig verändert.
Irgendwann fehlte also der Nachschub an Lernenden ?
Ja. 2002/2003 war eine Sättigung bei der breit angelegten Vermittlung von Wissen erreicht. Weil es einerseits auf den internationalen Finanzmärkten zu einer hohen Konzentration von Banken kam und andererseits das deutsche Kreditwesen wegen des verschärften Wettbewerbs unter Kostensenkungsdruck geriet, wurde - wie überall in diesem Land - an der Bildung gespart.
In dieser Zeit entschied der OSGV dann, das Akademiehotel zu einem Kongresshotel weiterzuentwickeln und baulich an die Wettbewerbsbedingungen im Kongressmarkt anzupassen. Jetzt, seit September 2005, ist es nach dem Ausbau der Gastronomie ein Drei-Sterne-Superior-Hotel für Tagungen und Kongresse.
Was hat das alles gekostet?
Der Akademiebau war bis 1996 die größte gemeinsame Bildungsinvestition der ostdeutschen Sparkassenorganisation, zu der alle Sparkassen und Verbundunternehmen gehören. Genauere Zahlen bleiben intern. Aber es wurden die denkmalgeschützte Wartungshalle des ehemaligen Luftschiffhafens, die backsteinerne Shedhalle, integriert und die kulturhistorische und natürliche Gegebenheit des Geländes nicht beschädigt.
Wieviel Personal der OSGV-Mitgliedssparkassen bilden Sie jetzt noch pro Jahr aus?
Nach einer sehr hohen Auslastung zu Beginn der 90er Jahre hatten wir 2004 weniger als 50000 Präsenztage von ungefähr 11000 Mitarbeitern der Sparkassen. Heute werden zunehmend Trainings und Coachings am Arbeitsplatz in den Sparkassen durchgeführt. Das ist etwa ein Drittel unserer gesamten Bildungsmaßnahmen.
Wieviel Personal arbeitet unter den Luftschiffdächern?
Die Frage ist so einfach nicht zu beantworten, weil hier verschiedene Arbeitgeber, so auch die Landesbausparkasse mit etwa 450 Arbeitsplätzen, in ihren beiden Luftschiffen tätig sind. Zum einen beschäftigt die OSA rund vierzig MitarbeiterInnen. Das Kongresshotel hat spezifisches Personal eingestellt und beschäftigt 90 überwiegend junge Fachkräfte und Auszubildende.
Darüber hinaus sind an diverse OSGV-Gesellschaften und andere Mieter wie die Brandenburgische Kommunalakademie Büro- und Seminarräume vermietet. Weiterhin siedeln sich derzeit junge Hochschulen in privater Trägerschaft an.
In welcher Verbindung steht die OSA zur Sparkassenhochschule in Bonn?
An der OSA können Sparkassenangestellte interne Bildungsabschlüsse wie zum Sparkassen-Fachwirt oder -Betriebswirt machen. Allerdings strebten viele von uns gut ausgebildeter Nachwuchskräfte mit Studienberechtigung staatliche Hochschulabschlüsse an. Sie wanderten gerade aus Ostdeutschland ab und kamen nicht wieder, weil Zukunfts- und Karriereaussichten in den alten Bundesländern aussichtsreicher erschienen.
Deshalb entschied der OSGV, eine eigene Hochschule zu gründen, die Sparkassen-Hochschule Lichtenwalde (FH) bei Chemnitz in Sachsen. Parallel hierzu begann der DSGV bundesweit, die Hochschule der S-Finanzgruppe in Bonn aufzubauen. Um nicht doppelte Ausgaben zu produzieren, schlossen DSGV und OSGV einen Kooperationsvertrag, wonach Potsdam als ein Standort der Bonner Hochschule integriert wurde.
Und wie bekommen Sie damit Ihr Drei-Sterne-Hotel voll - angesichts der Konkurrenz von Kongresshotels in Potsdam?
Wir haben seit 1998 im früheren Akademiehotel und seinem schon damals so genannten Kongresszentrum einen Mix von Kunden aus Wirtschaft, Politik, Kultur, Stiftungen, Bildung und Wissenschaftseinrichtungen wie den Hochschulen in Berlin und Potsdam und den außeruniversitären Forschungsstätten gewinnen können, deren Veranstaltungen wir bei uns integriert haben.
Unsere Wettbewerber am Hotelmarkt kannten unser Konzept also. Aber jetzt vermarkten wir unsere Anlage aktiv und erfolgreich national wie international. Dies ist ein Zugewinn für den Bildungs-, Wissenschafts- sowie Kongress- und Kultur-Tourismusstandort Potsdam.
Fragen: Michaela von der Heydt
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.