Bund und Länder planen Stromgipfel
Merkel will Ausnahmen überprüfen lassen
Berlin (dpa/nd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Rabatte für energieintensive Unternehmen auf den Prüfstand stellen. Diese Ausnahmen machten 0,5 Cent des aktuellen Anstiegs der EEG-Umlage aus, ihr Anteil sei genauso groß wie der Ausbau der Photovoltaik, sagte Merkel am Dienstag beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin. Sie sprach sich für eine rasche Neuregelung der Ökostromförderung aus: »Ich sehe dringenden Reformbedarf.« Merkel appellierte dringend an alle Beteiligten in Bund und Ländern, an einem Strang zu ziehen. Die Änderung sei hoch kompliziert. »Dafür vernünftige Veränderungen zu finden, setzt zumindest eine Mehrheit im Bundestag plus eine Mehrheit im Bundesrat voraus«, so die Kanzlerin.
Davon ist man freilich weit entfernt. Auf breite Ablehnung in den Ländern stoßen etwa die Pläne von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), auch das Tempo des Zubaus bei Windenergie und Biogasanlagen stark zu drosseln. Bisher will nur das Saarland darüber konkret sprechen. Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium in Bayern dringt wie die Bundes-FDP auf eine generelle Abkehr vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die meisten Länder sind hingegen für einen zügigen Ausbau der Windenergie. So erklärte die Kieler Umwelt-Staatssekretärin Ingrid Nestle (Grüne): »Feste Länderquoten wird Schleswig-Holstein nicht akzeptieren. Eine Deckelung für Windstrom vom Land lehnen wir entschieden ab.« Wind an Land gerade aus dem Norden sei besonders effizient und kostengünstig. »Hier zu bremsen, würde die Energiewende verteuern.« Schleswig-Holstein will bis 2022 seinen Strom nahezu zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugen. Aus dem Erfurter Wirtschaftsministerium hieß es: »Thüringen ist zu keinen Abstrichen bereit.« Das Land plant bis 2020 einen Ökostrom-Anteil von 45 Prozent.
Ohne Zustimmung der Länder können die geltenden Regelungen aber nicht verändert werden. Merkel und Altmaier wollen am 2. November bei einem Energiegipfel im Kanzleramt mit den Ministerpräsidenten darüber reden.
Die konventionelle Wirtschaftslobby hat sich längst in Stellung gebracht und fordert sofortiges Handeln von der Regierung. Die Kosten für Ökostromförderung müssten dringend begrenzt werden, »dieser Subventionswahnsinn muss ein Ende haben«, sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. »Der Strompreis ist für viele Unternehmen bereits heute ein zunehmend wichtigerer Standortfaktor, der eindeutig gegen Deutschland spricht.«
Ob die steigenden Strompreise dagegen Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit haben, ist laut Experten aber unklar. Dazu müsste man in der Lage sein, exakt den Saldo aus den Kosten, die die Energiewende verursacht, und den Nutzen, den sie auch mit sich bringt, zu bilden, erklärte die Chefin des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Jutta Günther.
Umweltminister Altmaier kündigte an, mit den Energieversorgern reden zu wollen, dass sie die steigende Ökostrom-Umlage nicht komplett an die Kunden weitergeben. Der Energiekonzern RWE hatte angekündigt, bei Grundversorgungstarifen den Preis »bis in das Jahr 2013 stabil« zu halten.
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