Senioren genießen Erfolg
Bezirk will mit Volkssolidarität über Erhalt der Begegnungsstätte Stille Straße verhandeln
Die ersten Sektkorken in der Stillen Straße 10 knallten schon gestern morgen. Da war durchgesickert, dass der seit 112 Tagen besetzte Pankower Seniorentreff offenbar gerettet ist, und Anwohner brachten »was zum Anstoßen« vorbei, wie Alt-Besetzerin Brigitte Klotsche genüsslich in Mikrofone und Notizblöcke diktierte. Ein wenig Misstrauen schwang allerdings noch mit. Denn ob der Treff erhalten bleiben kann, sollte sich erst gestern Abend im Finanzausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) entscheiden (nach Redaktionsschluss). SPD und Grüne hatten einen Antrag eingebracht, in dem das Bezirksamt aufgefordert wird, mit der Volkssolidarität Verhandlungen über eine Übernahme des Treffs aufzunehmen. Da beide Fraktionen die Mehrheit in der BVV bilden und Linkspartei wie Piraten Zustimmung signalisiert hatten, galt die Annahme als sicher.
»Wir freuen uns über den Sieg der Senioren«, sagt LINKE-Fraktionsgeschäftsführer Matthias Zarbock, aber diese Lösung hätten SPD und Grüne schon im Frühjahr haben können. Damals aber habe die BVV-Mehrheit den Antrag seiner Fraktion zur Suche nach einem freien Träger noch abgelehnt.
Nun wird die Volkssolidarität einen einjährigen Mietvertrag über die »soziale Zwischennutzung« des Grundstücks erhalten. In dieser Zeit soll dann mit ihr über einen Erbbaurechtsvertrag verhandelt werden. Ursprünglich wollte der Bezirk die alte Villa schließen, für Weiterbetrieb und Sanierung fehle das Geld, hieß es. Daraufhin okkupierten rüstige Rentner das Haus. Durch den Protest aufgeschreckt, begann der Bezirk nach einem freien Träger zu suchen, der das Haus übernimmt. Einziger Bewerber war die Volkssolidarität.
Die will das Haus als Begegnungsstätte erhalten und als Mehrgenerationenhaus weiterführen. Landesvorsitzende Heidi Knake-Werner betont, dass an den Verhandlungen mit dem Bezirk die Senioren beteiligt werden. »Ihre Aktionen haben ja deutlich gemacht, das solche Entscheidungen nicht über ihre Köpfe hinweg getroffen werden dürfen.«
Knackpunkt in den Verhandlungen dürften die Finanzierungsfragen werden. Das Haus hat einen Verkehrswert von 74 500 Euro. »Das können wir nicht aufbringen«, sagt Knake-Werner und erwartet ein Entgegenkommen des Bezirks. Bei einer sozialen Nutzung könne man es für einen symbolischen Preis vergeben oder mit den Sanierungskosten verrechnen. Die muss die Volkssolidarität allein stemmen, sie hofft auf Fördermitteln und Stiftungen. Wie hoch die Investitionskosten sein werden, stehe noch nicht fest. »Die Angaben des Bezirkes schwanken zwischen 150 000 und 2,3 Millionen Euro«. Erst wenn der Mietvertrag abgeschlossen ist, werde man eigene Gutachter durchs Haus schicken können und Genaueres wissen, so Knake-Werner. »Ich bin optimistisch, dass wir zu einer Lösung kommen.«
Auch die Besetzer sind zuversichtlich, dass sie nun wieder zu Hause schlafen können. Dann werden morgen wieder Sektkorken knallen - am Nachmittag bei der Siegesparty.
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