Neue Hoffnung auf Waffenruhe
Mühevolle Verhandlungen des UN-Sondergesandten für Syrien
Die meisten »Anführer von kämpfenden Gruppen, die wir kontaktieren konnten«, hätten dem Prinzip einer Waffenruhe zugestimmt, so Brahimi. Sollte diese »bescheidene Vereinbarung erfolgreich sein«, hoffe er, darauf aufbauen und »über eine längere und effektivere Waffenruhe sprechen« zu können. Das syrische Außenministerium erklärte, die Regierung werde am heutigen Donnerstag über eine Waffenruhe entscheiden. »Die Armeeführung prüft, ob die militärischen Operationen während der Feiertage eingestellt werden können«, hieß es in einer Stellungnahme.
Der umsichtig und langsam vorgehende Lakhdar Brahimi wurde schon während seines viertägigen Aufenthaltes in Damaskus immer wieder von Medien gedrängt, sich zum Stand der Gespräche zu äußern. Seine knappe Aussage in Kairo schoss innerhalb von Minuten in die Schlagzeilen internationaler Medien, was den komplizierten Prozess einer Einstellung der Kämpfe in Syrien zusätzlich unter Druck setzt.
Mitarbeiter der politischen UN-Mission in Syrien, die seit Monaten Gespräche mit allen Seiten des Konflikts führen, dokumentieren und Botschaften vermitteln, wissen davon ein Lied zu singen. »Man wird zu einer Stellungnahme gedrängt, sagt zwei vorsichtige Sätze, dass Bereitschaft vorhanden sei, und wenn die Kämpfe dann weitergehen, heißt es, die UN sind gescheitert«, seufzt ein Mitarbeiter der Mission im Gespräch mit der Autorin in Damaskus. Er bittet, anonym zu bleiben, weil er offiziell kein Mandat hat, mit Medien zu sprechen. Differenziert beschreibt er die Gratwanderung, auf der die Mission sich in Syrien bewegt. Man habe »auf allen Seiten« festgestellt, dass »nach Auswegen gesucht« werde, so der Gesprächspartner. Auf Regierungsseite gebe es »großes Interesse« an einer Waffenruhe, das finde er »bemerkenswert«. Auch die »internationalen Verbündeten« wollten ein »Ende der Kämpfe«. Bei den politischen Gruppen sei die Frage der Kampfeinstellung kein Problem, »die treten schon lange dafür ein«.
Bei den bewaffneten Gruppen sei es »komplizierter«, weil es »so viele verschiedene« gäbe. Einige der bewaffneten Gruppen hätten »seit Wochen keinen Schuss mehr abgefeuert« und wollten eine Kampfeinstellung. Auf die Frage nach der »Freien Syrischen Armee« (FSA) stößt der Gesprächspartner einen Stoßseufzer aus: »Mein Gott, wer ist diese Freie Syrische Armee, so viele Gruppen, und jede will was anderes.« Die meisten FSA-Vertreter würden in einem Waffenstillstand nur einen »russisch-iranischen Trick« sehen und seien völlig dagegen.
Die kämpfenden Gruppen befürchteten, bei einer Waffenruhe Boden und Einfluss zu verlieren, die Armee befürchtet, dass bewaffnete Kräfte eine Waffenruhe nutzen könnten, um Nachschub zu organisieren. »Misstrauen ist das größte Problem«, so der Gesprächspartner.
Äußerungen über die Aufstellung einer UN-Friedenstruppe für Syrien hält er für »militärische Planspiele«. Wenn es eine Lösung für Syrien gebe, werde die »politisch« sein, ist der Mann überzeugt und verweist auf das Genfer Abkommen vom Juni: »Eine Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition, die einen Übergangsprozess einleitet.«
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