Lockruf ins Protestcamp
Medienauflauf in Erwartung blanker Brüste
Heftig, aber erfolglos herbeigewünscht hatten sich die Flüchtlinge in den letzten Tagen und Wochen ein breites Medieninteresse, eines, das sie ihrem Anliegen für angemessen hielten. Seit sechs Tagen immerhin campieren sie am Brandenburger Tor in Berlin, hungern in der Eiseskälte für ihre Ziele. Am Montag plötzlich waren sie da, die Fotografen. Der Grund dafür allerdings waren nicht die Forderungen der Flüchtlinge. Grund war die Erwartung der Journalisten, dort auf dem Pariser Platz mitten in Berlin eine Gruppe barbusiger Aktivistinnen vor das Objektiv zu bekommen. Für einen Bericht etwa unter dem Arbeitstitel »Oben ohne unter der Quadriga«. Im Glauben, derartiges geboten zu bekommen, hatten einige Unterstützerinnen der Flüchtlinge jedenfalls einen Reporter der »Bild«-Zeitung gelassen, der zuerst keine Anstalten gemacht hatte, der Bitte um Berichterstattung über den Hungerstreik am Brandenburger Tor zu folgen, dann aber umgehend seine Meinung änderte. Er hatte die ärgerlich geäußerte Bemerkung einer engagierten Piratin auf seine Nachfragen nach anwesenden Prominenten für bare Münze genommen. »Und wenn es Dir hilft, stell ich mich da oben ohne hin«, gibt Laura Dornheim ihre dahingesagte Empörung wieder. Die Reaktion hingegen war offenbar pure Begeisterung: »Wenn Du das wirklich machst, schnapp ich mir jetzt nen Fotografen und komme sofort. Deal?« Blitzschnell sprach sich der »Fototermin« in der Zunft herum.
Keinen Augenblick dachte Laura Dornheim daran, die Erwartungen des »Bild«-Reporters zu erfüllen. Keinen Augenblick dachten die mit ihr um die Flüchtlinge bangenden Unterstützerinnen daran, die sich ihr anschlossen. Auch mit den Flüchtlingen sei der Plan abgesprochen worden, auf den man sich verständigte. »Wichtig war uns allen, dass wir uns nicht ausziehen und trotzdem bzw. gerade deswegen Presse und notwendige Aufmerksamkeit für das Camp und die Forderungen der Hungerstreikenden bekommen«, schreibt Laura Dornheim namens der Gruppe in ihrem Blog. Um die Forderungen der hungerstreikenden Flüchtlinge zu wiederholen: Abschaffung der Residenzpflicht, Abschaffung des bestehenden Abschiebegesetzes, Abschiebestopp, Abschaffung der Lager und Sammelunterkünfte für Flüchtlinge, Anerkennung aller Asylsuchenden als politische Flüchtlinge, schnellere Bearbeitung der Asylanträge, ein Leben in Würde in Deutschland.
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