Die Ukraine hat gewählt

Einzug von Ultranationalisten ins Parlament ruft nicht nur in Moskau Besorgnis hervor

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Als »überzeugenden Sieg« verkaufte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch das Abschneiden seiner Partei der Regionen bei den Parlamentswahlen am Sonntag.

Das vorläufige amtliche Endergebnis der Wahlen wird erst am Mittwoch erwartet. Am frühen Nachmittag des Montags waren erst rund 60 Prozent aller Stimmen ausgezählt. Demnach sammelte die regierende Partei der Regionen über die Parteilisten, nach denen die Hälfte der insgesamt 450 Abgeordneten der Werchowna Rada gewählt wird, gut 34 Prozent aller Stimmen. Die restlichen 225 Sitze werden per Direktmandat vergeben. Und in den meisten der Regionen - vor allem im Süden und Osten mit starken russischen Minderheiten, wo auch die Wahlbeteiligung erheblich über dem Landesdurchschnitt von 58 Prozent lag, unterstützten die Wähler schon in der vergangenen Legislaturperiode die Hausmacht von Janukowitsch, den sie für das geringste aller möglichen Übel halten. So auch diesmal. Die Partei der Regionen könnte daher die absolute Mehrheit aller Sitze kontrollieren. Zusammen mit den Kommunisten, die nach vorläufigem Stand gut 14 Prozent aller Stimmen bekamen und ihr Ergebnis gegenüber 2007 mehr als verdoppelten, könnte das sogar zu einer Zweidrittelmehrheit reichen. Allerdings klagt auch die KPU wie andere Oppositionsparteien über »unehrliche Wahlen« und hat angekündigt, künftig eigenständiger im Parlament zu agieren.

Ganze drei weitere Parteien nahmen die Fünf-Prozent-Hürde. Die sogenannte Vereinigte Opposition - Schwerkraftzentrum ist die Partei »Batkiwschtschina« (Vaterland) der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko - kam auf gut 22 Prozent, die zuvor höher bewertete Partei UDAR (Schlag) von Boxweltmeister Witali Klitschko auf 13 Prozent. Mit mehr als 8 Prozent wird auch die ultranationalistische Vereinigung »Swoboda« (Freiheit) ins Parlament einziehen. Für »Swoboda«, oft als profaschistisch und antisemitisch eingeschätzt, stimmten vor allem Wähler in der Westukraine, die erst durch den Hitler-Stalin-Pakt 1939 mit dem Rest des Landes wiedervereinigt wurde und bis heute zur Zentralregierung in Kiew kritische Distanz hält, sowie die meisten Exil-Ukrainer.

Der Einzug der Nationalisten könnte schlimme Folgen für das Verhältnis zu Russland haben, fürchtet Moskaus Botschafter in Kiew, Michail Surabow. Zumal im Tandem mit der Timoschenko-Partei, die ihr oppositionelles Profil schon deshalb schärfen muss, weil sie mit größter Wahrscheinlichkeit ohne ihre Galionsfigur in die kommenden Präsidentenwahlen gehen muss. Denn Frau Timoschenko verbüßt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen Kompetenzüberschreitung bei Verhandlungen mit Russland über Gaslieferungen.

Ihren Parteifreunden schwante jedoch schon im Wahlkampf, dass sich die Aura der Märtyrerin nicht in politisches Kapital ummünzen lässt. Umfragen zufolge misstrauen Timoschenko 66 Prozent aller Wähler. Schon vor der Wahl umwarb ihre Partei daher die Nationalisten als Partner. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten die Granden beider Gruppierungen am 19. Oktober.

Für eine Revanche bei den Präsidentenwahlen dürfte es trotzdem nicht langen. Trotz des bescheidenen Abschneidens der Klitschko-Partei ist deren Chef mit Zustimmungsraten von 43 Prozent derzeit der populärste Politiker der Ukraine - und damit der gefährlichste Gegner für Janukowitsch.

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