Schlafen und etwas essen
Kältehilfe bietet ab sofort wieder Notübernachtungsplätze für Obdachlose an
Wenn die Zeit der Nachtfröste beginnt, geht es für viele Obdachlose ums Überleben. Daher stellen die in der Berliner Kältehilfe zusammengeschlossenen kirchlichen Institutionen und freien Träger auch in diesem Jahr insgesamt 430 Notschlafplätze in 30 Räumlichkeiten zur Verfügung. Dort erhalten die Betroffenen neben einer Unterkunft für die Nacht auch Verpflegung, Zugang zu sanitären Einrichtungen und Bekleidung. Auf Wunsch stehen auch professionelle und ehrenamtliche Mitarbeiter für Gespräche zur Verfügung.
Um Überbelegungen in einzelnen Einrichtungen zu verhindern, werden »Kältebusse« eingesetzt, um hilfsbedürftige Obdachlose zu verteilen. Dennoch werde es immer wieder zu Engpässen, kommen, befürchtet die Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg, Susanne Kahl-Passoth. Obwohl der Bedarf an Notübernachtungsplätzen von Jahr zu Jahr steige, sähen sich Senat und Bezirke nicht in der Lage, genügend Räume zur Verfügung zu stellen. Dabei mangele es weniger an Geld, sondern an Liegenschaften, so Kahl-Passoth gestern vor Journalisten anlässlich der Eröffnung einer Notübernachtung in Berlin-Kreuzberg.
Für die Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, ist die wachsende Anzahl von wohnungs- und obdachlosen Menschen in der Hauptstadt Ausdruck einer dramatischen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt und somit nur die Spitze des Eisberges. Neben Beziehern von Hartz IV-Leistungen konkurrierten auch immer mehr Geringverdiener um ein ständig kleiner werdendes Angebot an bezahlbaren Wohnungen. Wer aus diesem Personenkreis einmal seine Wohnung verliere, habe angesichts der dramatisch gestiegenen Neuvermietungspreise kaum noch Chancen, auf regulärem Wege eine neue Behausung zu finden. Für Gruppen wie Haftentlassene, Flüchtlinge, Zuwanderer aus Südost- und Osteuropa und Jugendliche, die um jeden Preis den elterlichen Haushalt verlassen wollen, gebe es kaum Alternativen zur Obdachlosigkeit. Kostka verwies auf den Andrang in den Beratungsstellen der Caritas, wobei die Zahl psychisch stark belasteter Hilfesuchender ins Auge falle.
Um wirklich zu helfen, dürfe man »nicht nur Reparaturbetrieb sein, sondern muss auch die Ursachen bekämpfen«, so Kostka. Die liegen für die Caritas-Direktorin nicht nur in der Wohnungspolitik, sondern auch im kontinuierlichen Abbau von Hilfs-, Beratungs- und Freizeitangeboten der Bezirke. Wenn es nicht schleunigst zu einem Umdenken in der Politik komme, drohten soziale Verwerfungen in bislang kaum vorstellbarem Ausmaß. Gefordert sei die gesamte Gesellschaft.
Auch in diesem Jahr werden die Berlinerinnen und Berliner aufgerufen, die Einrichtungen der Kältehilfe zu unterstützen, sei es durch Geld- und Sachspenden oder in Form von ehrenamtlicher Mitarbeit.
Kältenotübernachtung im Zentrum am Hauptbahnhof, Lehrter Straße 68, ab 21 Uhr, Tel.:69 03 35 20; Berliner Stadtmission, Lehrter Str. 68, 10557 Berlin, Tel.: 69 03 33;
Kältehilfe Tel.: 810 56 04 25, www.kaeltehilfe-berlin.de
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