»Riesiges Rassismus-Problem«

Kritik an Aufklärungsarbeit zu NSU-Verbrechen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd-Heilig). Auch knapp ein Jahr nach dem Auffliegen des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) gibt es vielfältige Gründe, am Aufklärungswillen der Regierung zu zweifeln. Das sieht auch Kenan Kolat, der Vorsitzende der türkischen Gemeinde, so. Er meint, Deutschland habe ein »riesiges Rassismus-Problem«. Das hätten die Vertuschungsversuche der Behörden gezeigt. Der Rechtsruck in der Gesellschaft sei kein Randthema, sondern eindeutig ein Thema der Mitte geworden.

»Wir haben es mit einem Struktur- und Mentalitätsproblem zu tun«, ergänzte der Chef des Bundestags-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD) und forderte »mehr Sensibilität bei den Behörden«. Bayers Behörden versuchen gerade, den NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags zu reglementieren, indem sie Akten willkürlich »geheim« halten, kritisiert gestern der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD).

Noch immer werde die NSU-Mordserie als ein »extremes Versagen in einer ansonsten heilen Welt debattiert«, monierte die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, Obfrau der Linkspartei im Bundestagsuntersuchungsausschuss. Das ist kurzsichtig. Sie verweist darauf, dass, bevor das NSU-Trio 2000 den ersten Menschen hinrichtete, seit 1990 in Deutschland bereits 105 Menschen Opfer rassistischer Gewalt geworden waren. »Wer das ausblendet, hat die Tiefe des NSU-Desasters nicht verstanden.«

Nach wie vor ist das Level rechtsextremistischen Straftaten extrem hoch. Im sogenannten Phänomenbereich »Politisch motivierte Kriminalität - rechts« registrierte das Bundeskriminalamt zwischen dem 1. Januar und 30. Juni 2012 insgesamt 8096 Straftaten. Darunter waren 354 Gewalttaten - darunter 164 sogenannte Hasstaten - und 5800 sogenannte Propagandadelikte. An der Spitze der Gewalttaten stehen Nordrhein-Westfalen (82) Niedersachsen (50), Sachsen (29) und Bayern (27).

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