Russland bekommt strengeres Waffengesetz
Vielen Duma-Abgeordneten geht die Vorlage nicht weit genug
Die Vorlage des Innenministeriums liegt in der Duma, das Parlament soll die Verschärfung des russischen Waffengesetzes schnellstmöglich beschließen. Nur gehen die Einschränkungen vielen Abgeordneten nicht weit genug. Duma-Vizepräsident Sergei Schelesnjak, der mit Mandat der Regierungspartei »Einiges Russland« im Parlament sitzt, forderte bereits Nachbesserungen. In der Frage des Waffenbesitzes ist Russland gespalten. Gegner und Befürworter - unter diesen findet sich auch der inoffizielle Führer der Protestbewegung Alexej Nawalny, der auf eine Legalisierung ohne Wenn und Aber drängt - halten sich nahezu die Waage.
Aus Angst, Wähler zu verprellen, fassten auch die Duma-Parteien das heiße Eisen bisher nicht an. Erst nach jüngsten Exzessen in Moskau sah das Innenministerium akuten Handlungsbedarf. Im September hatten Gäste einer Hochzeit Meinungsverschiedenheiten mit scharfer Munition ausgetragen. Es gab mehrere Verletzte. Und vergangenen Mittwoch erschoss der 29-jährige Dmitri Winogradow, der für einen Pharmakonzern tätig war, sechs Arbeitskollegen. Der Täter, ein Mann mit Hochschulabschluss, hatte unmittelbar vor dem Gemetzel in sozialen Netzwerken ein »Manifest« veröffentlicht, in dem er die gesamte Menschheit als »Fehlentwicklung der Evolution« und »genetischen Müll« bezeichnete, der vernichtet gehöre.
Kritische Experten warnen: Die Neigung der Gesellschaft zu radikalen und extremistischen Auffassungen habe in besorgniserregender Weise zugenommen. Ursache dafür, glaubt der ehemalige Duma-Abgeordnete Gennadi Gudkow, einer der Führer der Protestbewegung, sei nicht allein die ausufernde Gewalt im Fernsehen, sondern die »gesamte Organisation des Lebens« in Russland. Angesichts einer abhängigen Justiz wachse die Bereitschaft zu Selbstjustiz und Rache. Weil eine reale Opposition fehle, gebe es auch kein Ventil, um kontrolliert Dampf abzulassen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.