Wahlsiegerin mit 17 Prozent

SPD-Kandidatin wird Chefin im Kieler Rathaus

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die SPD hat die Oberbürgermeisterwahl in Kiel gewonnen. Ihre Kandidatin Susanne Gaschke setzte sich am Sonntag in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt im zweiten Wahlgang gegen den CDU-Konkurrenten Gert Meyer durch. Doch gerade mal 31,94 Prozent der Kieler gingen überhaupt zur Wahl.

Im altehrwürdigen Kieler Gewerkschaftshaus Legienhof wurde am Sonntagabend gefeiert, was das Zeug hielt. Die SPD hatte zur Wahlparty geladen und bejubelte die neue Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke. Diese hat sich im zweiten Wahlgang gegen ihren CDU-Kontrahenten Gert Meyer durchgesetzt. Journalistin schlägt Betriebswirt - doch zwei Drittel der Kieler beschäftigt, wie die Wahlbeteiligung zeigt, offenkundig anderes.

Die 45-jährige Gaschke weiß 54,1 Prozent der abgegeben Stimmen hinter sich, der vier Jahre jüngere Meyer kommt auf 45,9 Prozent. Damit hat die SPD-Politikerin im Vergleich zum ersten Wahlgang 14 Tage zuvor noch einmal knapp 3300 Stimmen zulegen können, der CDU-Mann lediglich 1350. Die SPD feiert nun ihre Dominanz in Kiel, in den Städten überhaupt und redet vom Rückenwind für die in einem halben Jahr stattfindenden Kommunalwahlen. Selbst die CDU zeigt gute Miene zum Verliererergebnis, schließlich seien die 45,9 Prozent doch für städtische Verhältnisse ein mehr als achtbares Resultat.

Doch was wird da eigentlich an der Förde bejubelt, gefeiert und schön geredet? Fakt ist, dass gerade mal 31,94 Prozent von knapp 193 000 Kieler Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben, also nicht einmal jeder Dritte. Umgerechnet bedeutet dies, dass sich Gaschke gerade einmal auf 17 Prozent der Kieler stützen kann. So schnell lässt sich ein Wahlsieg entzaubern! Die neue Chefin im Rathaus, die zum 1. Dezember ihr Amt antreten soll, täte jedenfalls gut daran, zu registrieren, dass sich im Ostufer-Stadtteil Gaarden mit der traditionellen HDW-Werft gerade mal 13,7 Prozent aller Wahlberechtigten an der Direktwahl beteiligt haben.

Gaschke will sich nach eigenen Worten jetzt vorrangig um Wohnungspolitik kümmern, das Kita-Platz-Problem angehen, das Image der Stadt durch eine Attraktivitätssteigerung der City verbessern. Aussagen, sich für die sozial Abgehängten in Gaarden und anderen Ostufer-Stadtteilen oder im Trabantenviertel Mettenhof einzusetzen, vermisst man bei der Amtsträgerin in spe. Und ihr Wahlkampf wurde in dem sozialen Brennpunkt Gaarden denn auch durch die dortigen Bewohner größtenteils ignoriert.

Auch für Gaschkes Amtsvorgänger und Parteigenossen Torsten Albig, der nun aus der Kieler Staatskanzlei heraus Schleswig-Holstein regiert, waren die Probleme und Fragen bereits unübersehbar: Doch eine messbare Verbesserung der Lebenssituation in den Ostufer-Stadteilen blieb aus. Die sozialen Verwerfungen innerhalb der Stadt scheinen vielmehr sogar noch zuzunehmen. Selbst die kostenlose Teilhabe beim Stadtfest Kieler Woche gehört der Vergangenheit an, seitdem vor einigen Bühnensektoren Eintritt verlangt wird.

Gerade das Ausbalancieren im sozialen Bereich durch mehr Gerechtigkeit dürfte zu den größten Herausforderungen der neuen Oberbürgermeisterin gehören, will sie doch nach eigenem Bekunden nicht nur verwalten, sondern auch eine politische Amtsinhaberin sein. Bei einem Schuldenstand von 400 Millionen Euro im städtischen Haushalt sind steigende Passagierzahlen im Fähr- und Kreuzfahrtgeschäft sicherlich wichtig und vorzeigbar. Doch die entsprechen Gewinne kommen oftmals nicht in den sozialen Problembezirken der Stadt an.

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