Armes Metropolis
Eine neue Studie zeigt: Armut in Städten steigt spürbar
Der Sozialexperte Eric Seils vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung und sein Co-Autor Daniel Meyer haben Armutsdaten auf Basis des Mikrozensus mit den Bezugsdaten von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) abgeglichen. Ihr Ergebnis: Zwar ist die Zahl der Betroffenen von Transferleistungen gesunken, die Armutsquote in den Metropolen aber »besonders spürbar« nach oben gegangen – im Schnitt von 17,5 auf 19,6 Prozent zwischen 2005 und 2011. Insgesamt verfügten 15,1 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger im Jahr 2011 über weniger als 60 Prozent des »gewichteten Medianeinkommens« (2010: 14,5 Prozent). Diese Zahl ist nur bedingt mit dem Durchschnittseinkommen vergleichbar, da Einsparungen durch das Zusammenleben mehrerer Personen oder unterschiedliche Altersstrukturen berücksichtigt werden. Statistische Ausreißer wie die Millionäre einer Stadt verzerren die Ergebnisse nicht.
Leipzig und Dresden stechen heraus, obwohl die Armutsquote leicht sank. In Leipzig leben 25 Prozent der Menschen in Armut. In Berlin ist die Quote seit 2006 angestiegen. 21 Prozent sind hier arm. Im Ruhrgebiet sie es nicht besser aus. Die Entwicklung von Dortmund und Duisburg werten Seils und Meyer als »dramatisch«. Die Armutsquote liegt hier bei gut 24 bzw. 23,5 Prozent. Besonders in Duisburg stellen die Forscher weniger eine zunehmende soziale Spaltung fest. Die Stadt verarme als Ganzes.
In Bremen und Hannover stieg die Armutsquote leicht an, während der SGB-II-Bezug abnahm, in Hamburg dagegen ist die SGB-II-Quote »kräftig gesunken«, die Armut aber kaum gestiegen. Die Stadt liegt leicht unter Bundesdurchschnitt.
Warum aber steigt die Armut, wenn die Zahl derer, die auf Transferleistungen angewiesen sind, sinkt – also die Beschäftigung ansteigt? Seils vermutet, dass hier eine dritte Variable ins Spiel kommt: Das Wirtschaftswachstum. Zwar sei dort, wo die Beschäftigungsquote anstieg, die Armut nicht so stark gewachsen. »Trotzdem tut sich eine Lücke auf zwischen SGB-II-Quote und Armutsquote auf«, sagt Seils auf nd-Anfrage. »Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist nicht mehr so armutsvermeidend, wie sie es früher einmal war«, vermutet er. Harte empirische Beweise für die These habe er jedoch noch nicht.
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