Mitbestimmung bei Facebook gekippt

Keine Mitsprache mehr bei den Nutzungsbedingungen - schuld sollen die Nutzer sein

  • Katja Eichholz
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Mittwoch erklärte Facebook, dass das 2009 eingeführte Mitspracherecht der Mitglieder über die Gestaltung der Nutzungsbedingungen außer Kraft gesetzt werden soll - wegen mangelnder Beteiligung. Doch damit macht Facebook es sich zu einfach.
Am Mittwoch erklärte Facebook, dass das 2009 eingeführte Mitspracherecht der Mitglieder über die Gestaltung der Nutzungsbedingungen außer Kraft gesetzt werden soll. Der Grund: mangelnde Beteiligung. Das System "habe nicht so funktioniert" wie geplant, schreibt Facebook und schiebt den schwarzen Peter seinen Nutzern zu. Doch damit macht Facebook es sich zu einfach.

Die Qualität der Kommentare sei von einer Vielzahl von Kommentaren in den Hintergrund gerückt worden, schreibt das Unternehmen. In dem bisherigen Verfahren mussten zu einer geplanten Änderung in den Nutzungsbedingungen mehr als 7000 Kommentare eingehen, damit Facebook über die Änderung abstimmen lässt. Lediglich zwei Änderungsvorschläge und die Ankündigung Facebooks, Nutzerdaten künftig auch mit Tochtergesellschaften wie Instagram teilen zu können, stehen den Nutzern noch zur Kommentierung bereit.

Aber: Die Hürden zur Mitbestimmung der Nutzer sind und waren hoch. Einzig die Abonnenten der Seite "Facebook Site Governance" wurden über zur Diskussion gestellte Änderungen informiert. Dies waren mit Stand Februar 2012 nur zwei Millionen der zu diesem Zeitpunkt angemeldeten 800 Millionen Benutzer. Ein Votum gegen eine geplante Änderung muss von mindestens 30 Prozent der Facebook-Nutzer abgegeben werden. Das wären derzeit rund 300 Millionen User. Geplante Änderungen werden in unübersichtlichen Dokumenten vorgestellt, die erst über mehrere Klicks erreichbar sind. Selbst das Kleingedruckte in Verträgen ist übersichtlicher als Facebooks Nutzungsbedingungen. Erst bei den aktuell zu diskutierenden Änderungen wurden alle Nutzer per Mail benachrichtigt.

Man darf annehmen, dass Facebook all dies in Kauf nimmt. Das Unternehmen arbeitet mit dem stillschweigenden Einverständnis. Wer die Plattform nach einer Änderung der Nutzungsbedingungen weiterhin verwendet, akzeptiert diese. Im Klartext: Pech gehabt, wer kein Fan der "Facebook Site Governance" ist oder sich anderweitig selbst informiert hat. Facebook geht beim Umsetzen seiner komplizierten Privatsphäre-Einstellungen und Mitbestimmungsrechte von einer Holschuld aus, die selbst gebildete Nutzer überfordern kann.

Diese Vorgehensweise ist nach deutschem Standard schwierig bis ungültig, wie die "Zeit" schreibt, denn die Benutzer könnten nicht explizit zustimmen oder ablehnen. Das entspricht eher dem amerikanischen Datenschutz, der postuliert, dass Nutzer davon ausgehen müssen, dass Ihre Daten gespeichert und verarbeitet werden. Zu Recht verlangt der deutsche Gesetzgeber daher klare "Aufklärung über die Datenverarbeitung" und "Wahlmöglichkeiten für die Betroffenen, die Verwendung ihrer Nutzungs- und Inhaltsdaten zu untersagen". Doch das ist nicht der Fall, wie deutsche Datenschützer in einer gemeinsamen Erklärung betonen.

Man sollte sich nichts vormachen. Social Media Plattformen verdienen ihr Geld mit der Nutzung persönlicher Daten. Dies ist auch nicht das Problem, so lang jeder Nutzer in der Lage ist zu verstehen, was mit seinen Daten passiert, sein Einverständnis explizit erklären und steuern kann, welche Daten er preisgibt. Erstaunlich ist vielmehr, dass der Online-Riese anscheinend nicht willens oder in der Lage ist, transparent und für alle Nutzer verständlich über die Änderungen seiner Nutzungsbedingungen zu kommunizieren. Möglicherweise wiegt die Angst vor Verlust von Nutzerzahlen höher als das Bedürfnis, deutschen Datenschutzbestimmungen gerecht zu werden. Facebook macht zweifelsohne Spaß und so lässt sich das Unternehmen mit seinem intransparenten Gebaren in Sachen Datenschutz in Deutschland die große Chance entgehen, Vertrauen zu gewinnen.


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