Laizismus - nicht vor der Wahl
In Schleswig-Holstein hat die FDP-Spitze den kirchenkritischen Nachwuchs ausgebremst
In regelmäßigen Abständen beschäftigt sich die FDP mit dem Thema der Trennung von Kirche und Staat. Nach über zweijähriger Debatte an der Basis war es am Samstag der schleswig-holsteinische Parteitag der Liberalen, der sich ganz weltlich mit dem zukünftigen klerikalen Status auseinandersetzte. Am Ende behauptete sich die Parteispitze gegen den eigenen Nachwuchs.
Bereits vor dem Parteitag sorgte der hauptsächlich von den Jungliberalen (Julis) gestützte Antrag auf Abschaffung kirchlicher Privilegien für Wirbel. Ein Ende der Kirchensteuer, eine Abkehr vom bisherigen Kirchenstatus als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, das Verbot religiöser Symbole in öffentlichen Einrichtungen sowie kein Recht auf Sendezeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk - mit diesen Forderungen wollten 38 Antragsteller an eine uralte Debatte anknüpfen. Denn bereits 1974 beschäftigten sich die Freidemokraten mit dem Thesenpapier »Freie Kirche in einem freien Staat«. Darauf beriefen sich Juli-Landeschef Dennys Bornhöft und seine Mitstreiter.
Auf vergangenen Parteitagen fiel die religionspolitische Auseinandersetzung stets der Zeit zum Opfer. Diesmal waren es die Altvorderen, die mit Kommunal- wie Bundestagswahlen vor Augen entschieden, entschärfend einzugreifen. Landeschef Heiner Garg und der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Wolfgang Kubicki, stellten einen Gegenantrag.
Kubicki konstatierte, dass die Menschen derzeit andere Probleme hätten als die Trennung von Kirche und Staat, und verschwand in den Wahlkampf in Niedersachsen. Etliche Julis argumentierten, ihr Vorstoß solle aus fehlender Courage versenkt werden, denn irgendwelche Wahltermine hätte man schließlich jedes Jahr. Die Frage, warum Kubicki und Garg sich nicht in die seit langem existierende Parteikommission »Kirche und Staat« eingebracht hätten, wurde von dem Spitzenduo nicht beantwortet.
Ein Delegierter wähnte sich auf einem Parteitag der Linkspartei, ein anderer berichtete davon, dass Mitglieder in seinem Kreisverband für den Fall einer Verabschiedung des Laizismus-Antrages mit Parteiaustritt gedroht hätten. Weil niemand den Vorschlag, nochmals eine Arbeitsgruppe einzusetzen, befürwortete, kam es schließlich zur geheimen Kampfabstimmung. Dabei scheiterte der Laizismus-Antrag des liberalen Nachwuchses dann doch deutlich mit 66 gegenüber 128 Stimmen.
Während Nordrhein-Westfalens FDP-Kopf Christian Lindner sich zuletzt für ein Trennungsgebot ausgesprochen hat, zählt Bundesparteichef Philipp Rösler zu den Gegnern solch einer Idee. Er hatte sich am Freitag erst wieder in das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wählen lassen. In der Bundespartei wabert das ur-liberale Thema also einstweilen weiter vor sich hin.
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