15 000 HIV-Infizierte
Aids-Hilfe bietet anonymen Schnelltest
In Deutschland sind 78 000 Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Rund 20 Prozent davon leben in Berlin. »Das sind etwa 15 000 Betroffene«, sagte Osamah Hamouda vom Robert Koch-Institut gestern bei der Jahrespressekonferenz der Berliner Aids-Hilfe. Die Zahl der Neuinfizierten ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Von den bundesweit 3400 neu Betroffenen leben 450 in der Hauptstadt.
»Die Zahl der mit HIV lebenden Menschen hat seit Mitte der 90er Jahre kontinuierlich zugenommen.« Grund sei die inzwischen gut entwickelte Medikation und Therapie, die ein Leben bis ins hohe Alter möglich mache, erklärte Hamouda. Trotzdem müsse man daran arbeiten, die Zahl der Neuinfizierten zu begrenzen. Eine hohe Anzahl an Menschen wisse beispielsweise gar nicht, dass sie das Virus in sich trage. Hier müsse vor allem auch an der Kommunikation gearbeitet werden. Noch immer reden Paare zu selten über ein mögliches Risiko. »Jeder geht davon aus, dass der Partner schon etwas sagen würde, wenn er krank wäre«, so Hamouda.
»Wenn man weiß, dass man infiziert ist, geht man verantwortungsvoller damit um«, sagte Jens Ahrens von der Berliner Aids-Hilfe. Die Aids-Hilfe bietet daher einen anonymen Schnelltest an. »Wer kein Geld hat, muss die 15 Euro nicht zahlen.« Grundsätzlich raten die Experten aber zum geschützten Geschlechtsverkehr - noch immer die sicherste Variante. Rund zwei Drittel der mit HIV lebenden Menschen in Deutschland sind Männer, die Sex mit Männern haben. Sie stellen somit weiterhin die größte betroffene Gruppe in Deutschland dar. Deshalb richten sich viele Kampagnen an diese Zielgruppe. Aber auch Drogensüchtige sind einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt. Trotzdem sei es wichtig, Aufklärungsarbeit in der ganzen Gesellschaft zu leisten. Kampagnen in Schulen seien in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Zum einen erreiche man viele Jugendliche, zum anderen werde das Thema in frühen Jahren angesprochen und nicht tabuisiert. Allerdings läuft das Schulprojekt Ende Juni 2013 aus. Eine Anschlussfinanzierung ist bisher nicht in Sicht.
Wie wichtig es ist, über HIV zu informieren, weiß Torsten Denter. Der Psychologe im Auguste Viktoria-Klinikum in Friedenau erlebt immer wieder, wie Menschen, bei denen Aids ausgebrochen ist, in einigen Pflegeheimen diskriminiert und nicht richtig versorgt werden. In der gesamten Gesellschaft nehme die Pflegebedürftigkeit angesichts des demografischen Wandels zu. Da Menschen mit HIV heutzutage lange leben können, müsse sich der Pflegebereich darauf einstellen. »Dem Personal fehlt das Fachwissen. Und Einrichtungen sind auf die spezifischen Bedürfnisse nicht eingestellt. Hier gibt es noch viel Handlungsbedarf«, so Denter. Als besorgniserregend sieht der Psychologe auch die Entwicklung des Wohnungsmarktes an. Bezahlbarer Wohnraum innerhalb des S-Bahn-Ringes werde immer knapper. Erkrankte Menschen, die dadurch an den Stadtrand ziehen müssen, werden vom Beratungs- und Versorgungsangebot abgeschnitten. »Ihnen droht Vereinsamung und Isolierung.« Der Senat sei in der Pflicht, endlich für sozialen Wohnraum in der Stadtmitte zu sorgen.
Wer die Aids-Hilfe unterstützen möchte, kann dies in den nächsten Tagen tun. Beispielsweise beim Spendenmarathon der S-Bahn. Unterstützer wie die ehemalige Sozialsenatorin der LINKEN, Heidi Knake-Werner, fahren am 30.11. in einem Sonderzug durch die Stadt und sammeln Spenden.
Beratung und Fahrplaninformationen: www.berlin-aidshilfe.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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