Problemschule wird Vorbild
Neue Quartiershalle auf dem Campus Rütli wurde gestern feierlich eröffnet
Von außen sieht der kastenförmige Betonbau grau aus. Innen offenbart sich dem Betrachter jedoch schnell ein anderes Bild. Die neue Sporthalle der Rütli-Schule in Neukölln leuchtet knallgrün und bietet mit insgesamt 1730 Quadratmetern rund 800 Menschen Platz, um sich ordentlich auszutoben. Im Beisein von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) und der Schirmherrin Christina Rau wurde die Quartiershalle gestern eingeweiht. Das Besondere an der Halle ist, dass sie nicht nur den Schülern zur Verfügung steht, sondern dem ganzen Quartier. »Diese Halle ist das erste sichtbare Zeichen, was entstehen kann, wenn wir alle gemeinsam arbeiten«, betonte Christina Rau. Der Campus Rütli zeige, dass in Neukölln viel bewegt werden könne, wenn »wir nicht in Zuständigkeiten, sondern in Verantwortung denken«.
Vor rund sechs Jahren sorgte die Rütli-Schule mit einem Brandbrief der Lehrerschaft immer wieder für Negativschlagzeiten. Rütli galt als Synonym für gescheitert. Die Schule war der Inbegriff des unzulänglichen und unfairen Bildungssystems, das vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund benachteiligt. Seitdem hat sich an der Pflügerstraße jedoch viel getan. In den letzten fünf Jahren haben verschiedene Akteure das Modellprojekt Campus Rütli entwickelt und auch umgesetzt. Aus der ehemaligen Hauptschule ist mittlerweile eine Gemeinschaftsschule geworden. Auf dem Campus befinden sich außerdem zwei Kitas, ein Jugendfreizeitheim, Spielplätze, der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst und ein Berufsförderungsprojekt. Weitere Angebote sollen folgen. Die Gesamtausgaben für das Projekt betragen sechs Millionen Euro. Davon kommt rund die Hälfte von der Europäischen Union.
»Der Campus Rütli ist ein wichtiges Berliner Schulprojekt«, erklärte Senatorin Scheeres. Vor allem beim Ausbau des Ganztagsbetriebes sei die Schule beispielhaft. Die verschiedenen Angebote wie Theater- und Musik-AGs ermöglichen Kindern und Jugendlichen von benachteiligten Familien, sich trotzdem weiterzubilden. Die neue Sporthalle fördere außerdem den nachbarschaftlichen Zusammenhalt. »Hier ist nicht nur eine Sporthalle entstanden, sondern ein Ort, wo Menschen verschiedenster Herkunft zusammenkommen können und Zugang zu Bewegung und kulturellen Angeboten bekommen.
Genau das sei Ziel und Vision des Projekts Campus Rütli, erklärte Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky. »Wir wollten den Menschen aus vielen Teilen der Welt zeigen, dass sie zusammen gehören und Nachbarn sind.« Dass das Projekt funktioniere, zeige die hohe Nachfrage bei den Eltern. »Bio-Deutsche rufen an und wollen ihre Kinder unbedingt auf die Rütli-Schule schicken. Das wäre vor sechs Jahren undenkbar gewesen«, so Buschkowsky.
Von der Veränderung profitieren tatsächlich Schüler, Lehrer, Eltern und nicht zu letzt die Politik . Auch die Schülerin Assmaa Ghanna gefällt es jetzt viel besser. »Der Umgang zwischen Lehrern und Schülern hat mich damals sehr gestört. Heute respektieren sich alle, und wir haben das Gefühl, dass wir uns einbringen können. Ich freue mich, hier Abitur machen zu können.«
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