Frieden in Nahost ersingen?

Asaf Avidan dominierte diesen Sommer wochenlang die Charts in Deutschland

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Ist es für Sie aufgrund der Historie zwischen Israel und Deutschland etwas Besonderes, auf deutschen Bühnen zu spielen?
Asaf Avidan: Als ich das erste Mal nach Deutschland kam, war es wirklich etwas ganz Besonderes. Es gab kaum ein Gespräch, bei dem man nicht irgendwann auf die 1930er und 1940er Jahre und die Geschichte zwischen unseren Ländern kam. Aber ich finde, jetzt sollten wir es gut sein lassen. Meine Generation ist die dritte nach dem Holocaust, wir leben im Jahr 2012 und nicht 1939.

Wie ist es für einen Israeli,, in einem permanenten Krisenherd zu leben?
Die Situation in Israel ist ein Albtraum, ohne Frage. Dennoch kann man in Tel Aviv ein ziemlich normales Leben führen. Israel ist ein demokratisches Land, ich kann tun und lassen was ich will. Wenn ich auf eine Demo gehen und Politiker kritisieren will, dann tue ich das. Ich hoffe von Herzen, dass unsere gegenwärtige konservative Regierung nicht von Dauer sein wird.

Waren Sie mit Ihrer Musik auch schon in Ramallah?
Nein. Es wäre theoretisch möglich, sofern man mich dorthin einladen würde. Bislang ist das noch nicht passiert. Wissen Sie, ich hasse es, wenn US-amerikanische Künstler ihre geplanten Shows in Israel wegen der Politik absagen. Das ist der falsche Weg. Musik ist dazu da, Menschen zusammen- und nicht auseinanderzubringen.

Inwieweit können Künstler zu einer friedvollen Lösung des Nahost-Konflikts beitragen?
Musik ist eine Sprache. Und was kann besser sein als eine Sprache, die dabei hilft, Opponenten zusammenzubringen? Ich selbst bin zwar kein ausgesprochener Optimist, kein Sänger der Love & Peace-Generation. Aber wenn ich mir meine Facebook-Seite anschaue, dann finde ich dort immer auch Nachrichten von Menschen aus Iran und aus Ramallah, die meine Musik mögen. Ja, Musik kann viel Positives bewirken.

Glauben Sie an eine Zwei-Staaten-Lösung?
Eine andere Lösung kann ich mir nicht vorstellen. Aber die Mehrheit der Knesset denkt momentan leider anders. Die meisten Israelis wünschen sich ein normales Leben. Das funktioniert nur, wenn wir einen israelischen und einen palästinensischen Staat haben.

Verstehen Sie sich als Botschafter der israelischen Kultur?
Das ist das Letzte, was ich jemals sein wollte, hätte ich Ihnen noch vor zwei Jahren geantwortet. Aber heute stehe zu meiner Herkunft. Überall, wo ich hinkomme, werde ich als Israeli gesehen. Wobei ich selbst gar nicht zwischen Nationalitäten unterscheide. Und die Kulturen gleichen sich immer mehr an, unterscheiden sich nur noch in Nuancen. Wenn ich ein Botschafter sein soll, dann einer, der Grenzen abschaffen möchte.

Und welchen Einfluss hat Ihre jüdische Herkunft auf Ihre Musik?
Ich absorbiere eigentlich alles. Als jemand, der in Israel geboren und aufgewachsen ist, bin ich sicher irgendwie auch vom Judentum geprägt. Obwohl meine Familie nicht besonders religiös ist. Im Übrigen: Die jüdische Kultur ist sehr alt und hat überall ihre Spuren hinterlassen.

Fragen: Olaf Neumann

Avidans erstes Soloalbum »Different Pulses« ist seit dieser Woche auf dem Markt.

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