Alles im schwarzen Bereich
Heute beginnt mit dem CDU-Parteitag in Hannover der Merkel-Wahlkampf
Wie wild die »Wilden 13« werden können, ist nicht absehbar. Aber dass ihr Antrag scheitern wird, ist für die CDU-Oberen schon abgemachte Sache. Die Gruppe von 13 Bundestagsabgeordneten der CDU verlangt in einem Antrag die steuerliche Gleichstellung von homophilen Lebenspartnerschaften und Ehe. Die Parteispitze samt CDU-Vorsitzender Angela Merkel unterstützen hingegen einen Antrag aus Fulda, der eine von den 13 gewünschte Gesetzesänderung ablehnt. In einer ersten Formulierung der Fuldaer hatte es gar geheißen: »Ehe und Familie mit Kindern sind die Keimzelle unserer Gesellschaft und müssen deshalb in besonderer Weise gefördert werden.« Mittlerweile hat sich die Antragskommission mit den Antragstellern auf eine Formulierung geeinigt, die Lebenspartnerschaften zwar zugesteht, ebenfalls »für unsere Gesellschaft grundlegende Werte« zu leben, ihre steuerliche Aufwertung jedoch trotzdem ablehnt. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Mehrheit der Delegierten in Hannover dem Antrag der 13 zustimmen werde, sagte CDU-Fraktionschef Volker Kauder gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« im Brustton der Überzeugung.
Dass es überhaupt einen Antrag gibt, der die Parteiführung herausfordert, mag für Angela Merkel bereits unerfreulich genug sein. Jedoch handelt es sich hier eher um einen Nebenkriegsschauplatz. Die wichtigste Mission des Parteitags besteht darin, geschlossen die Vorsitzende zu wählen und damit ihrer Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl im nächsten Jahr einen möglichst schillernden Anstrich der Unvermeidlichkeit zu verleihen.
Die gewünschte Geschlossenheit der Delegierten steht auch deshalb kaum im Zweifel, weil der Leitantrag in erster Linie der vermeintlichen Kernkompetenz der Kanzlerin gewidmet ist - der Wirtschaftspolitik. »Wohlstand und Arbeit für alle«, ist er überschrieben. Interessant könnte freilich werden, mit welchem Anspruch auch gegenüber dem Koalitionspartner FDP die von Merkel bereits geäußerte Neigung formuliert wird, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat sich hierzu bisher auch eher ambivalent geäußert.
Trotz der vorliegenden rund 800 Änderungsanträge zum Leitantrag dürfte es zu emotionalen und verbalen Erhitzungen allenfalls bei perspektivisch wenig imageschädigenden Themen kommen. Neben der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften könnte dies auch die Frauenquote in Unternehmen sein. Hier handelt es sich zugleich um einen Konflikt zwischen von der Leyen und ihrer Ministerkollegin Kristina Schröder (Familie). Schröder vertritt eine sogenannte freiwillige Flexi-Quote und kritisiert von der Leyens Vorstoß für eine feste 30-Prozent-Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten.
Hintergrund: CDU-Anträge zum Parteitag (Auszug)
Die Bundesregierung soll noch in dieser Wahlperiode einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem Rentner von 2014 an für Erziehungszeiten für mehrere Kinder vor 1992 in der gesetzlichen Rentenversicherung bessergestellt werden. Die Antragskommission empfiehlt: Die Bundesregierung soll das prüfen. Das hatte aber bereits der Koalitionsausschuss beschlossen. Die CDU-Frauen wollen sich damit nicht zufriedengeben. CDU- Generalsekretär Hermann Gröhe will nun noch in der Sitzung des Bundesvorstands an diesem Montag einen eigenen Antrag einbringen, der möglichst zu einer Lösung des Konflikts auf dem Parteitag führt.
Homo-Ehe (Kreisverband Fulda):
Der Parteitag soll das Ehegattensplitting für eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ablehnen - und damit die steuerliche Gleichstellung von Homosexuellen. Die Antragskommission empfiehlt: Annahme. Mehrere Bundestagsabgeordnete und Familienministerin Kristina Schröder sind für die Gleichstellung. Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel hat sich am Wochenende dagegen ausgesprochen.
Zuschussrente (Senioren-Union):
Die CDU soll die Zielsetzung der Zuschussrente von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unterstützen. Die Antragskommission rät: An die Unionsfraktion überweisen. Dort war von der Leyen mit ihrem Modell aber abgeblitzt.
Altersarmut (Kreisverband Bielefeld):
Der Kreisverband vermisst Klartext im Leitantrag zu diesem Thema. Der Antrag des Vorstands sei an dieser Stelle unbefriedigend. «Das ist ein schwerwiegender Mangel. Als Kreisverband fühlen wir uns überfordert, diese Lücke tragfähig zu schließen.» Antragskommission: Überweisung an die Bundestagsfraktion.
Streikrecht (Junge Union):
Das Streikrecht von kleinen Gruppen in der Grundversorgung des Landes wie etwa Lokführer und Fluglotsen soll eingeschränkt werden. Antragskommission: Ablehnen. (dpa)
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