Wettlauf auf dem Gemeindeacker

Windkraftanlagen könnten Kirchenkassen füllen

  • Karsten Packeiser, epd
  • Lesedauer: 3 Min.
In Zeiten sinkender Kirchensteuererträge könnte jede Gemeinde neue Einnahmequellen gut gebrauchen. Mancherorts - wie in Rheinland-Pfalz - setzt auch die Kirche ihre Hoffnungen inzwischen auf Windkraftanlagen.

Mainz. Von den etwas höher am Hang gelegenen Häusern im rheinhessischen Guntersblum aus sind sie gut zu sehen - die Kuppeln des Atomkraftwerks Biblis. Wer den mittlerweile abgeschalteten Reaktoren den Rücken zukehrt, könnte schon bald auf Bauten blicken, die die Energieversorgung der Zukunft symbolisieren: Oberhalb der Weinbauortschaft soll ein Windpark entstehen - teilweise auch auf Flächen der evangelischen Kirchengemeinde. Der Boom der Windkraft könnte bald nicht nur in Guntersblum, sondern vielerorts die Kirchenkassen klingeln lassen.

50 000 Euro Jahrespacht

Um die Nutzung der Guntersblumer Windenergie-Vorrangzone hatten sich gleich mehrere Firmen beworben, den Zuschlag bekam letztlich ein Unternehmen aus der Pfalz, berichtet Gemeindepfarrer Johannes Hoffmann: »Das war ein wenig wie einst bei den Wettläufen um die Ölförderrechte in Amerika.« Zwar sollen nur ein bis zwei Windkraftanlagen des geplanten Guntersblumer Windparks auf Kirchengrund liegen, aber pro 130-Meter-Windrad kann die Gemeinde auf eine jährliche Pacht von 50 000 Euro hoffen - und den Großteil der Ackerfläche nach dem Aufbau der Anlage zudem erneut an einen Landwirt verpachten.

Mit dem Geldsegen, der bald auf Guntersblum niederprasseln könnte, würde Hoffmann gerne die Anstellung einer Gemeindepädagogin bezahlen. Die Akzeptanz der Anlage vor Ort sei kein Problem, sagt er. So wie in Guntersblum stehen derzeit allein auf dem Gebiet der hessen-nassauischen Landeskirche 22 Gemeinden in Verhandlungen mit Windkraftunternehmen.

Nicht überall ist die Verpachtung von Kirchenland allerdings so unumstritten. Im hessischen Wöllstadt wird noch diskutiert, ob der Vorvertrag mit einem Windanlagen-Unternehmen wirklich unterschrieben werden soll. Der Ausgang der Diskussion sei offen, sagt Pfarrer Peter Meier-Röhm. Seine Kirche gehörte schon einmal zu den Vorreitern bei der Erschließung neuer Einnahmequellen: Der Kirchturm war einer der ersten, die auch als Sendemast für den Mobilfunk genutzt werden. Große Windräder hätten vor Ort nicht nur Freunde, sagt Meier-Röhm. Manche der Kirchengemeinde verbundene Menschen aus der Naturschutzbewegung würden in den Anlagen vor allem große »Vogelschreddermaschinen« sehen.

Es gebe auch noch offene wirtschaftliche Fragen zu klären, erläutert der Pfarrer. Andererseits werde der Windpark wohl so oder so kommen. Wenn die Kirche ablehne, würden eben ausschließlich Landwirte mit eigenem Boden an den Anlagen verdienen.

Hubert Meisinger, Umweltpfarrer der Landeskirche, arbeitet zurzeit gemeinsam mit Kollegen aus der Pfalz noch an einem Konzept zum Umgang von Kirchengemeinden mit Windkraftanbietern. Dabei geht es auch um die Frage, ob bei den Gemeinden die Verpachtung ihrer Flächen an externe Produzenten tatsächlich im Vordergrund stehen sollte - oder eher die Beteiligung von Kirchen an Energiegenossenschaften.

Verzicht auf Rendite

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern wagte sich bereits in den 90er Jahren als Pionier auf dieses Gebiet vor. Ein Trägerverein wurde gegründet, der damalige kirchliche Umweltbeauftragte sammelte mehrere Hunderttausend Euro an Eigenkapital. Bis zum Bau der ersten »Kirchenwind«-Anlage vergingen jedoch mehrere Jahre, da am ursprünglich geplanten Standort ein heftiger Streit die Bevölkerung spaltete. Statt in Bayern entstand die Anlage schließlich in Thüringen.

Inzwischen haben die bayerischen Protestanten ein zweites Projekt mit gleich drei Anlagen gestartet. Die Kosten dafür wurden nicht durch Spenden getragen, sondern durch Bürger, die in Windkraft investieren, aber auf ein Drittel ihrer Rendite verzichten. Ein Teil der Erlöse fließt in kirchliche Umweltarbeit und an ein Schulprojekt in Tansania. Das erste Kirchenwindrad hingegen erwirtschaftete nicht die erhofften Erlöse. »Das Windaufkommen war geringer als damals geschätzt«, sagt »Kirchenwind«-Geschäftsführer Josef Gold.

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