Reden kann sehr gefährlich sein

Zwei arabische Berliner wegen Morddrohungen angeklagt

  • Lesedauer: 3 Min.
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen
Peter Kirschey berichtet aus Berliner Gerichtssälen

Ein Prozess begann gestern, der in den Medien normalerweise kaum Beachtung findet. Doch es sind die Namen und das persönliche Umfeld der Angeklagten, die Prozessbeobachter und zahlreiche Sicherheitsbeamte zum Schwurgerichtssaal 700 im Kriminalgericht Moabit ziehen. Verschärfte Kontrolle für die Besucher. Eigentlich ein kleiner Fall, ein Randprozess, der vor einem Schöffengericht verhandelt wird. Es geht um Verabredung zur Falschaussage und verbale Morddrohungen gegen einen Mann, einen türkischen Berliner, der im Oktober 2010 mit einem Messer überfallen, ausgeraubt und schwer verletzt worden sein soll.

Nun sind Ammar I. (40 Jahre) und Nasser A.-Ch. (41) angeklagt, diesem Mann 10 000 Euro dafür geboten zu haben, dass er seine Anzeige wegen Körperverletzung zurückzieht oder vor Gericht, sollte es zu einem Prozess kommen, die Aussage verweigert. Sollte der Mann dieser Aufforderung nicht folgen, würden er und seine Angehörigen »plattgemacht«. Schließlich wurde einem Verwandten des Überfallopfers per Telefon 2011 angedroht, ihm den Kopf abzuschneiden. Er wäre der erste seiner Familie, dem dieses widerfahren würde. Der Bruder von Nasser A.-Ch., Ali A.Ch., soll der Täter gewesen sein, Nasser habe ihn vor dem Zugriff durch die Polizei schützen wollen.

Ob der Fall damals tatsächlich zur Anklage gekommen ist, bleibt im Dunkeln. Es gab polizeiliche Untersuchungen und richterliche Vernehmungen. Der Ausgang blieb unbekannt. Es sollten jedenfalls danach Gelder geflossen sein. Einmal 2000 Euro und dann noch einmal 1000 Euro. Dann aber machte das mutmaßliche Opfer eine Kehrtwende, wollte die Bestechungsgelder wieder zurückgeben und soll erneut von fünf Männern zusammengeschlagen worden sein. Der Auftrag soll von Nasser A-Ch. gekommen sein.

A.-Ch. gehört zu einer arabischen Großfamilie in Berlin, die stets mit dem Beiwort »berüchtigt« genannt wird, die in jüngster Vergangenheit immer wieder in die Schlagzeilen wegen diverser Gewaltakte geriet. Wenn vom Türstehermilieu, Prostitution oder Rauschgifthandel und Schlachten unter verfeindeten Clans die Rede ist, ist der Name A.-Ch. nicht selten dabei. Auch beim spektakulären Pokerraub vom Potsdamer Platz fiel der Name A.-Ch.

Im Februar 2011 wurde Nasser A.-Ch. als mutmaßlicher Auftraggeber der Bestechungs- und Morddrohungsaktion verhaftet - und wieder freigelassen. Er und der Rapper Bushido waren bis zu diesem Zeitpunkt Freunde und Geschäftspartner im Immobiliengeschäft. Die Wohnung, aus der Nasser verhaftet wurde, gehörte Bushido. Ob die Beziehungen immer noch so eng sind, bleibt ein Geheimnis. Vor Gericht gab Nasser A.-Ch. an, arbeitslos zu sein.

Die beiden Angeklagten schweigen, ihre Verteidiger erklären, dass der angebliche Raub nachgewiesenermaßen gar nicht stattgefunden habe. Ob das zutrifft, ist ebenfalls nicht bestätigt. Es ist eine Gerichtsverhandlung im Nebel, die nach wenigen Minuten endet. Denn wenn niemand redet, nützt die beste Anklage nichts. Beim nächsten Verhandlungstag soll der Hauptbelastungszeuge als Zeuge aussagen, doch vermutlich wird er schweigen, womit der Prozess schon am Ende wäre. Denn wo es kein Opfer gibt, gibt es auch keine Täter.

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