Debatte zur Energie unter Vollspannung

Stromnetze und Stadtwerke Thema im Abgeordnetenhaus / Entscheidung über Volksbegehren

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Zukunft der Berliner Stromnetze ist gegenwärtig eine der zentralen politischen Fragen. Schließlich bietet sich mit dem Auslaufen der Stromkonzession Ende 2014 die Möglichkeit, dass die Stadt künftig mehr Einfluss auf die Netze bekommen könnte - entweder als alleiniger Betreiber oder in Kooperation mit Partnern. Darüber hinaus könnte Berlin mit einem eigenen Stadtwerk auch aktiv die Energiewende ökologisch und sozial mitgestalten - und an den Gewinnen selbst verdienen.

Diesen Plan hat in den vergangenen Monaten vor allem der »Berliner Energietisch« verfochten, der zum Thema Energie ein Volksbegehren initiiert hat, das die erste Abstimmungshürde nehmen konnte. Nicht zuletzt aufgrund dieses öffentlichen Drucks setzen sich inzwischen auch die SPD und nun sogar die CDU für die Gründung von Stadtwerken und die Übernahme des Stromnetzes ein. Der Gesetzentwurf von Rot-Schwarz für ein eigenes Energieunternehmen soll heute ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden.

Der Opposition geht das Vorhaben der Koalition indes nicht weit genug. Piraten, Grüne und Linkspartei haben deshalb einen eigenen Antrag für die heutige Parlamentssitzung formuliert, in dem der Senat aufgefordert wird, bis spätestens 31. März 2013 eine Gesamtkonzeption für den Aufbau eines »Öko-Stadtwerkes« vorzulegen. »Der Gesetzentwurf der Koalition soll ein Jahr lang energiepolitische Untätigkeit kaschieren«, kritisiert der Energieexperte der LINKEN, Harald Wolf. Auch Michael Schäfer von den Grünen betont, dass es nicht um »Symbolpolitik mit fünf Windrändern auf Stadtgütern« gehe, sondern das Schaffen einer richtigen Struktur mit Know-how.

Wie dürftig die Pläne der Koalition sind, zeigt aus Sicht der Opposition vor allem, dass die Stadtwerke laut Koalition zwar als Tochterunternehmen der BSR gebildet werden sollen, mit dem Entsorgungsunternehmen über diese Pläne bis heute jedoch nicht ein einziges Mal gesprochen wurde.

Ähnlich »stümperhaft« sehe es bei der Bewerbung um die Konzession für die Netze aus, meint Harald Wolf: Nach einem Jahr sei der stadteigene Bewerber »Berlin Energie« immer noch eine »Hülle« mit lediglich einem Mitarbeiter. Diese »One-Man-Show« für das Auswahlverfahren zu ertüchtigen, werde in der Kürze der verbliebenen Zeit nicht mehr funktionieren.

Wie das Auswahlverfahren für die Stromkonzession zu bewerten ist, war gestern auch das Thema einer Expertenanhörung im Abgeordnetenhaus, zu der unter anderem auch das Bundeskartellamt und der Verband kommunaler Unternehmen geladen waren. Ziel war es, herauszufinden, wie »Berlin Energie« ausgestattet sein muss, um im Wettbewerb gegen die sechs Konkurrenten zu bestehen. Selbst für Fachleute interessant: Drei von fünf Experten sahen es als höherrangig an, dass das Grundgesetz den Kommunen garantiert, ihre Energienetze zu betreiben, als die Verpflichtung zum Wettbewerb, die im Energiewirtschaftsgesetz festgelegt ist.

Die Debatte zur Energiepolitik ist also voll entbrannt. Ob der Druck auf die Politik durch das Fortführen des Volksbegehrens bestehen bleibt, wollte am gestrigen Abend der Energietisch entscheiden. Angesichts der unverbindlichen Pläne der Koalition wird das Unterschriftensammeln aber wahrscheinlich weitergehen.

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