Erbitterter Kampf um Ägyptens Verfassung

Richter des Staatsrates ziehen sich aus Referendum zurück

  • Lesedauer: 2 Min.

Kairo (Agenturen/nd). Die Volksabstimmung über die neue ägyptische Verfassung gerät immer mehr zur Hängepartie. Die Richter des Staatsrates in Ägypten kündigten an, sie wollten bei der zweiten Runde des Verfassungsreferendums nicht mehr Aufsicht führen. Damit wird die Legitimität der ohnehin umstrittenen Abstimmung zusätzlich infrage gestellt. In Kairo protestierten am Dienstagnachmittag Tausende gegen das Referendum.

Der linke Oppositionsführer Hamdien Sabahi jubelte über den Kurznachrichtendienst Twitter: »Der Boykott der Richter des Staatsrates und der Rücktritt des Generalstaatsanwaltes sind zwei historische Siege für die Unabhängigkeit der ägyptischen Justiz.«

Generalstaatsanwalt Talaat Ibrahim Abdullah, der von Präsident Mohammed Mursi erst vor wenigen Wochen ernannt worden war, hatte am Montagabend seinen Rücktritt erklärt. Er beugte sich damit dem Druck der Staatsanwälte, die seine Ernennung und die Entlassung seines Vorgängers durch Mursi als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz gewertet hatten. Die Anwälte hatten am Montag vor seinem Büro protestiert. Abdullah hatte in seiner kurzen Amtszeit mehrfach umstrittene Entscheidungen gefällt. Er ließ gegen Oppositionelle wie den Friedensnobelpreisträger Mohammed al-Baradei und den Ex-Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, wegen Anstachelung zum Umsturz ermitteln. Staatsanwälte wies er an, hart gegen festgenommene Demonstranten vorzugehen.

Sein Rücktritt erfolgte vor dem Hintergrund von Ermittlungen wegen Unregelmäßigkeiten am ersten Tag des Verfassungsreferendums am vorigen Sonnabend. Die Wahlkommission geht Beschwerden über illegale Machenschaften wie Wählerbeeinflussung und Fehlen von Richtern in Wahllokalen nach. Nach inoffiziellen Angaben hatte die Mehrheit der Wähler in zehn Provinzen für die von den Islamisten geprägte Verfassung gestimmt.

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