Finanzhilfe nur noch von privat

Warum der Schatzmeister der LINKEN Unternehmerspenden ablehnt und wie er seine Kasse aufbessern will

  • Lesedauer: 5 Min.
Raju Sharma ist Schatzmeister der Linkspartei. Kredite braucht er für die anstehenden Wahlkämpfe nicht mehr aufzunehmen, aber etwas einfallen lassen muss er sich schon. Uwe Kalbe und Tom Strohschneider sprachen mit ihm.
nd: Der Bundesvorsitzende Ihrer Partei hat stolz verkündet, dass schon in der ersten Woche der Spendenaktion der LINKEN mit der griechischen Syriza 30 000 Euro für in Not geratene Menschen in Griechenland zusammengekommen sind. Freut sich der Schatzmeister oder ist er neidisch?
Solidarität ist fern von Neid, er freut sich natürlich. Die Menschen in Griechenland haben unsere Hilfe zweifellos bitter nötig. Aber der Schatzmeister wird am Zustand der Parteifinanzen gemessen, Spenden für die Partei sind da extrem wichtig. Ich habe also trotzdem geschluckt, als die beiden Parteivorsitzenden ihren Aufruf gestartet haben. Jeder Euro kann nur einmal gespendet werden.

Soeben ist der Finanzplan für 2013 vom Bundesausschuss abgesegnet worden. Da kann es doch nicht so schlecht aussehen.
Tut es auch nicht. Aber auf die Spendeneinnahmen sind wir im Jahr der Bundestagswahl besonders angewiesen.

Sechs Millionen Euro hat der Vorstand kürzlich für den Wahlkampffonds genehmigt. Wie viel Geld war es für die letzte Bundestagswahl?
2009 hatten wir fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Und davor 4,2 Millionen. Wird Wahlkampf immer teurer?
Das ist die normale Inflationsrate. Einige Hunderttausend Euro haben wir aber auch schon im Vorfeld investiert, um in finanzschwachen Landesverbänden überhaupt erst wahlkampftaugliche Organisationsstrukturen zu schaffen. Im Ergebnis steht etwa die gleiche Summe für den Wahlkampf auf der Straße zur Verfügung. Bei der letzten Bundestagswahl mussten wir noch einen Kredit in Anspruch nehmen, das ist auf absehbare Zeit nicht mehr nötig.

Sechs Millionen also. Sind da die Spenden schon eingerechnet?
Die brauchen wir, aber die sechs Millionen stellt die Partei auf jeden Fall zur Verfügung. Am Geld wird der Erfolg der LINKEN nicht scheitern.

Wie soll es ausgegeben werden?
Vor allem für Wahlkampfmaterial: Plakate, Großflächen, Zeitungen, Handzettel. Denn die Partei muss sichtbar, ansprechbar sein. In einigen Regionen bedarf es hier unserer Hilfe. Zwei Ausgaben des Mitgliedermagazins werden produziert. Datenmaterial für den Wahlkampf wird zur Verfügung gestellt. Wir investieren in bestimmte Onlinestrukturen, zum Beispiel Soziale Netzwerke. Außerdem haben wir ein paar ausgefallene Ideen, um auf DIE LINKE aufmerksam zu machen. Eine sind große, rote Lastenfahrräder, die wir im Straßenwahlkampf einsetzen werden.

Die Ausgaben sind also geklärt. Und die Einnahmen? Was ist mit den Mitgliedsbeiträgen? Im Sommer hatten Sie selbst ein Minus von 340 000 Euro binnen eines Jahres ausgerechnet.
Die Mitgliedsbeiträge stehen den Landesverbänden zu. Deshalb hatten sich die Schatzmeister der Länder vorgenommen, die Zahl der säumigen Mitglieder bis zum Ende des Jahres gegenüber dem ersten Halbjahr zu halbieren. Ich fürchte, das wird in einigen Landesverbänden nicht gelingen. Ohnehin ist nicht zu erwarten, dass wir alle ausstehenden Beiträge erhalten. Vermutlich müssen wir am Ende die Zahl der Mitglieder nach unten korrigieren. Aber auch das ist sinnvoll. Denn die Mitgliederzahlen sind auch Grundlage für die Berechnung der Parteitagsmandate. Das geht die ganze Partei an.

Die Karteibereinigung ist doch schon vor Monaten ein Thema gewesen, inzwischen müsste doch ein sicheres Aufkommen an Beiträgen kalkulierbar sein.
Das ist ein ständiges Thema.

Wo sitzen die meisten Säumigen, in Ost oder West?
Im Westen, wo die Partei noch jünger ist und die Verwaltung ein größeres Problem. Im Osten, wo durchschnittlich deutlich höhere Beiträge gezahlt werden, haben wir vor allem damit zu kämpfen, dass der Mitgliederbestand wegen der Alterung abnimmt.

Die Einnahmen aus der Parteienfinanzierung haben mit den Einbrüchen bei den letzten Landtagswahlen sicher auch abgenommen. Trotzdem hat der Schatzmeister alles im Griff?
Die Bundespartei verwaltet den Zentralen Wahlkampffonds gemeinsam mit den Landesschatzmeistern. Wir planen da sehr vorausschauend; insofern gibt es dort keinen Grund zur Panik. Aber es stimmt schon – wir haben bei den letzten Landtagswahlen nur in Sachsen-Anhalt Stimmen dazugewonnen.

Die Spenden sollen nun die Lösung bringen, aber verhageln nachlassende Erfolgsaussichten auch die Spendenbereitschaft? Um 214 000 Euro sanken die Erlöse in einem Jahr.
Wir arbeiten derzeit an einem geschlossenen Konzept, einige Ideen haben wir schon. Spenden sollen nicht nur unsere Einnahmen verbessern. Sie sollen auch die Verbundenheit mit der Partei Die LINKE erhöhen.

Wie zum Beispiel?
Die Plakatspende ist eine Idee, mit der wir schon erfolgreich sind. Man kann sich einen Standort aussuchen und dort ein Großflächenplakat spenden. 139 Euro kostet ein LINKE-Plakat für zwei Wochen vor Peer Steinbrücks Haustür. Wir wollen beim Thema Spenden aber auch Neuland betreten: Mit Crowdfunding im Internet beispielsweise, wo wir für einzelne Projekte wie den TV-Spot Geld sammeln und uns mit einer kleinen Gegenleistung bedanken. Wer einen gewissen Betrag gibt, könnte im Abspann als Koproduzent genannt werden oder eine signierte DVD erhalten.

Ist auch die Spendenbereitschaft in Ost und West unterschiedlich?
Wir haben zwar einen Schlüssel zur Verteilung der Spenden auf die Landesverbände, aber wo die meisten Spenden herkommen, das haben wir bis jetzt nicht ermittelt.

Welche Rolle spielen Spenden von Unternehmen?
In der Vergangenheit eine geringe. In der Zukunft gar keine. Wenn Unternehmer uns unterstützen möchten, können sie uns als Privatpersonen spenden.

Vertritt die LINKE nicht auch die Interessen mittelständischer Unternehmen?
Firmenspenden legen immer den Verdacht der Käuflichkeit von Politik nahe, die wir als Partei ablehnen. Sie sind gleichbedeutend mit einem Bruch der Unternehmerlogik, wenn damit nicht gleichzeitig Erwartungen verknüpft sind.

Kann sich die LINKE leisten, Spenden zurückzuweisen?
Wir haben im Bundestag Anträge für das Verbot von Parteispenden durch Unternehmen eingebracht. Ich denke, es ist eine Frage der Selbstachtung, sie nicht gleichzeitig anzunehmen. Und es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. SPD und Grüne fangen auch an, das zu verstehen. Die Grünen haben gerade einen Antrag verabschiedet, mit dem sie sich inhaltlich unserer Position annähern.
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