Seit' an Seit' gegen rechte Gewalt
600 Britzer protestierten mit Menschenketten gegen Neonazi-Aktivitäten
Ein Jauchzen geht durch die Menschenkette, die die Grünfläche im Herzen der Hufeisensiedlung in Berlin-Britz umschließt, als zehn große verschiedenfarbige Bälle über die Hände der 600 Teilnehmer wandern. »Britz und die Hufeisensiedlung sind bunt - aber nicht braun«, lautet die aufgedruckte Botschaft. Es geht darum, Seit' an Seit' ein Zeichen gegen die zunehmenden Aktivitäten von Neonazis in dem Neuköllner Ortsteil zu setzen.
Gekommen sind an diesem Donnerstagabend Familien mit Kindern, Schüler, Mitglieder der VVN/BdA, Gewerkschaftsaktivisten und Bezirkspolitiker. Viele haben sich mit Fahnen ihrer Organisationen oder Kerzen eingereiht. Einige Schüler haben Schilder gebastelt, »Nazis essen heimlich Döner« steht auf einem von ihnen. Von Zeit zu Zeit ertönen auch »Nazis raus«-Rufe im Rund. Aufgerufen zu der Aktion hatte das neue »Aktionsbündnis Britz.«
Es seien in den vergangenen Monaten »Grenzen überschritten worden«, begründet Mirjam Blumenthal von den »Falken Neukölln«, die das Bündnis initiiert hatten, die Menschenkette. Sie berichtet, wie Neonazis ein jugendliches Mitglied der »Falken« zusammenschlugen, und von zwei Brandanschlägen auf die von ihr geleitete Jugendeinrichtung Anton-Schmaus-Haus. Möglichst viele Anwohner sollen, egal wo sie parteipolitisch stehen, am Protest gegen Neonazis teilhaben können, erklärt Blumenthal.
Beraten und unterstützt wird das Aktionsbündnis von Experten der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). »Auch in Britz leben natürlich Rechtsextreme«, erläutert Matthias Müller. Immer wieder komme es zu rechten Propagandaaktionen und Schmierereien. Er erzählt von einer Familie in der Hufeisensiedlung, die seit vergangenem Jahr mehrmals zum Ziel von Anschlägen durch Neonazis geworden ist, nachdem sie keine NPD-Wahlwerbung in ihrem Briefkasten wollte. Laut einem Bericht des ARD-Morgenmagazins steht hier mindestens ein NPD-Kandidat in Verdacht. Nach nd-Informationen soll es sich dabei um einen einschlägig bekannten 22-Jährigen aus Johannisthal handeln. Die MBR sieht einen Zusammenhang zu einer seit zwei Jahren andauernden Anschlagsserie gegen Parteibüros und Einrichtungen von linken Vereinen in Berlin. Wegen der Überschaubarkeit der rechten Szene ist es für viele Menschen »nicht nachvollziehbar«, warum bisher keine Täter ermittelt werden konnten, beklagt Müller.
Zwei Schüler der Fritz-Carlsen Schule betonen zum Abschluss der Menschenkette die Notwendigkeit von demokratischem Engagement gegen rechts. Besonders wichtig sei es auch, dass es keine »Schuldzuweisungen« an Engagierte gibt, wenn sie zum Ziel von Angriffen würden, findet Martin Hikel von den Neuköllner Jusos. Mirjam Blumenthal verspricht zum Abschluss, das Britzer Aktionsbündnis werde auch in Zukunft von sich »hören lassen«. Der Jusos Hikel hofft auf »inhaltliche Diskussionen«, die über symbolische Aktionen hinausgehen.
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