Erinnerungskultur gerät ins Stocken

Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten kritisiert finanzielle Förderpraxis

  • Marion van der Kraats, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie erinnern an die Gräueltaten der Nazis - im Westen wie im Osten. Doch ihre Entwicklung weist große Unterschiede auf. Die Bilanz von Historiker Günter Morsch fällt deshalb eher gemischt aus.

Die Umgestaltung von Gedenkstätten des Nazi-Terrors zu modernen Museen mit humanitären und bildungspolitischen Aufgaben ist aus Sicht der Stiftung Brandenburgischer Gedenkstätten ins Stocken geraten. »Zwar haben die Einrichtungen bundesweit einen großen Aufschwung genommen, aber seit etwa dem Jahr 2000 ist der Prozess des transformatorischen Wechsels stehengeblieben«, sagte Direktor Günter Morsch der Nachrichtenagentur dpa. Dies gelte vor allem für die Gedenkstätten in den neuen Bundesländern. »Die Finanzierung im Westen steht auf solideren Füße«, meinte Morsch.

»Man sollte darüber nachdenken, ob die bisherige Förderpolitik beibehalten werden muss, bei der jeweils 50 Prozent der Finanzen von Bund und Land kommen«, so der Historiker. Für ein Bundesland wie Brandenburg sei die Finanzierung ungleich schwerer als beispielsweise für Bayern.

Dabei waren es nach der Einheit zunächst die Gedenkstätten im Westen, die hinterherhinkten. »Das lag an der Tradition der Bundesrepublik«, erklärte Morsch. »Die Stätten nationalsozialistischen Terrors waren marginalisierte Orte, die größtenteils von ehrenamtlichen Kräften betreut worden sind.«

Seit der Bund sich auch hier an der Finanzierung beteilige, habe der Prozess der Modernisierung auch im Westen begonnen. Angeschoben wurde er, so Morsch, durch die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur in der DDR. Erst durch Enquetekommissionen seien bei NS-Gedenkstätten die Lücken deutlich geworden. »Nur durch die zweifache Geschichte von Orten wie Sachsenhausen und Buchenwald als sowjetische Speziallager ist die NS-Zeit überhaupt mit ins Boot gekommen«, sagte der Historiker.

Mit etwa zehnjähriger Verspätung seien Orte wie Bergen-Belsen (Niedersachsen) oder Dachau (Bayern) als Einrichtungen gewachsen. »Nach den Vorreitern im Osten hat der Westen aufgeschlossen und teilweise sogar überholt.« Die Problematik im Osten war eine andere: Dort waren bereits vor 1989 durch die DDR an Orten wie Sachsenhausen, Buchenwald oder Ravensbrück große Gedenkstätten eingerichtet worden - jedoch instrumentalisiert durch den Staat.

»Weil die Geschichte einseitig und lückenhaft dargestellt wurde, war der Nachholbedarf groß.« Pädagogik und Didaktik seien auf völlig neue Füße gestellt worden - ohne eine Abhängigkeit zur jeweiligen Regierung.

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