Hoffen auf den »Wunderknaben«

Der von einigen Medien hofierte frühere Generalsekretär Christian Lindner könnte die FDP aus ihrer Misere retten

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der Landtagswahl in Niedersachsen geht es auch um die Zukunft von FDP-Bundeschef Philipp Rösler. Bei einer Niederlage wird er sich kaum in seinem Amt halten können.

Wolfgang Kubicki scheut vor klaren Worten nicht zurück. Vor kurzem sagte der FDP-Fraktionschef aus Schleswig-Holstein der »Leipziger Volkszeitung«, dass die Existenz seiner Partei gefährdet sei. Neu ist diese Erkenntnis allerdings nicht. Der FDP laufen die Mitglieder schon seit langem in Scharen davon. In der jüngeren Vergangenheit flogen die Liberalen zudem aus sechs Landesparlamenten. Noch ein Verlust einer Landtagsfraktion droht am 20. Januar, wenn in Niedersachsen gewählt wird. Die FDP verharrt in Umfragen bei vier Prozent. Mit diesem Ergebnis wäre Schwarz-Gelb in Hannover am Ende und die FDP nur in Sachsen, Hessen, Bayern und im Bund an der Regierung beteiligt. Ende des Jahres ist es durchaus möglich, dass die Liberalen nach weiteren Wahlen allein in Sachsen Minister stellen.

Angesichts dieses Szenarios steigt im Vorfeld des traditionellen Dreikönigstreffens am Sonntag der Druck auf Parteichef Philipp Rösler. Dass er mit einer mitreißenden Rede das Ruder herumreißen kann, glaubt kaum einer. Zu erwarten ist eher, dass Rösler, sein Gegenspieler, der Entwicklungsminister Dirk Niebel, und Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle im typischen Politikersprech im Stuttgarter Opernhaus erneut die »Geschlossenheit der FDP« anmahnen werden.

Derweil sägen Widersacher Röslers an seinem Stuhl. Der Wirtschaftsminister gilt als führungsschwach und wenig durchsetzungsfähig in der schwarz-gelben Bundesregierung. Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms forderte im »Handelsblatt«, den im Mai anstehenden Parteitag vorzuziehen. Rösler hatte bisher offen gelassen, ob er erneut antreten wird. Nach Einschätzung von Solms müsse jemand »an der Spitze stehen, die oder der unsere liberalen Werte glaubhaft vermitteln und umsetzen kann«. Der Bundestagsvizepräsident meint, dass die Basis wisse, »wer die besten Chancen in einem Wahlkampf hat«. Nach einer Forsa-Umfrage halten 76 Prozent der FDP-Wähler Rainer Brüderle für den besseren Parteichef. Auch als Spitzenkandidat ist er im Gespräch. Doch Brüderle hält sich zurück. Vermutlich will er die Niedersachsen-Wahl abwarten. Aber auch unter seiner Führung würde sich am Grundproblem der FDP nichts ändern. Dieses liegt darin, dass sich spätestens seit Ausbruch der Wirtschaftskrise weniger Bürger für einen entfesselten Kapitalismus begeistern. Für diesen stehen sowohl Rösler, der die letzten Staatsbeteiligungen verhökern will, als auch Brüderle, für den die Einführung einer Vermögensabgabe ein »Angriff auf das Eigentum der Menschen« wäre.

Der 67-jährige Brüderle wäre wohl nur eine Übergangslösung. Langfristig scheint kein Weg an Christian Lindner vorbeizuführen. »Spiegel online« bezeichnete den Ex-Generalsekretär unlängst als »liberalen Wunderknaben«. Die FDP ist auf solche Lobpreisungen angewiesen, um die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Doch dafür müsste auch NRW-Landes- und Fraktionschef Lindner in die Bundespolitik zurückkehren. Vorsitzender will er derzeit nicht werden. Das könnte sich ändern, wenn Persönlichkeiten ihn darum bitten. Und nicht nur der frühere FDP-Innenminister Gerhart Baum ist ein großer Fan von Lindner.

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