Beschwerden wegen rassistischer Polizeikontrollen häufen sich

Kampagne gegen Racial Profiling: Initiative Schwarze Menschen kündigt neue Aktionen und Klagen an

  • Lesedauer: 3 Min.
Berlin (nd). Bei der Bundespolizei haben die Beschwerden von Reisenden, die sich von Beamten rassistisch behandelt fühlen, zugenommen. Wie der „Spiegel" in seiner kommenden Ausgabe berichtet, sind seit Mai 2009 bei den Bundespolizeidirektionen 57 entsprechende Fälle aufgelistet worden. Betroffene und Zeugen hätten dabei beklagt, dass Menschen aufgrund ihrer nichtdeutschen Herkunft oder ihrer Hautfarbe von Beamten der Bundespolizei etwa bei Kontrollen in Zügen diskriminiert worden seien.

Der „Spiegel" schreibt beispielhaft von drei Fällen, so habe sich eine Hauptdirektorin beim Europäischen Patentamt bei der Bundespolizei darüber beschwert, dass eine ihrer Mitarbeiterinnen immer wieder aufgrund ihrer Hautfarbe gezielt kontrolliert werde; auch in einem anderen Fall beklagte ein Mann sich bei der Bundespolizei in Pirna, dass nur Menschen mit anderer Hautfarbe kontrollierten.

Erst im Oktober hatte das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht klargestellt, dass Polizisten bei Personenkontrollen Menschen nicht wegen ihrer Hautfarbe auswählen dürften. Ein 26-jähriger Deutscher hatte geklagt, auf einer Zugfahrt von Kassel nach Frankfurt am Main von zwei Bundespolizisten allein wegen seiner Hautfarbe zur Vorlage eines Ausweises gedrängt worden zu sein. Wie der „Spiegel" berichtet, taucht dieser Fall in der Beschwerdeliste der Bundespolizei nicht auf. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass die 57 Fälle nur eine Spitze des Eisbergs sind.

Beklagt wird die rassistische Vorgehensweise durch Polizeibeamte - genannt Racial Profiling - schon seit langem. Verbände hatten daher im vergangenen Jahr eine Petition gestartet und unter anderem die Abschaffung der sogenannten verdachtsunabhängigen Personenkontrollen gefordert. Laut Bundespolizeigesetz (§§ 22 und 23) sind diese „zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet" gestattet, die Polizisten können sich auf „Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrung" berufen. Das wird von Kritikern als eine viel zu unscharfe Regelung bezeichnet.

Die Gesamtzahl der verdachtsunabhängigen Befragungen und Identitätsfeststellungen nach dem Bundespolizeigesetz war in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen, wie 2011 aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht.

Die Petition gegen Racial Profiling hat im Dezember nicht die erforderliche Zahl von Unterstützern erreicht. Die "Initiative Schwarze Menschen in Deutschland" und das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung haben sich dennoch „sehr zufrieden" gezeigt, dass 12.000 Menschen sich für die Initiative gegen rassistische Diskriminierung bei Polizeikontrollen einzusetzen. Man plane „weitere politische Schritte" und die Fortsetzung der Kampagne „Stoppt Racial Profiling", heißt es. Man wolle im Januar neue Aktionen für das Jahr 2013 verabreden. Unter anderem seien eine Tagung zur rassismusfreien Polizeiarbeit, Schwerpunktwochen gegen „Racial Profiling" in Frankfurt am Main sowie weitere Klagen vor Gericht geplant.

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