Das Wrack liegt noch lange dort

Vor einem Jahr kenterte die »Costa Concordia« vor Giglio

  • Hanns-Jochen Kaffsack, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
In einer Januarnacht vor einem Jahr havariert der Kreuzfahrtriese »Costa Concordia« vor der Insel Giglio. 32 Menschen kommen ums Leben. Spektakuläre Bilder gehen um die Welt. Das Wrack liegt noch lange dort, ein Prozesstermin ist weiter offen.

Es ist Freitag, der 13.: Vor der italienischen Insel Giglio endet eine Mittelmeerkreuzfahrt in einem tödlichen Drama. In der Januar-nacht vor einem Jahr rammt die gefährlich nah an das toskanische Eiland herangefahrene »Costa Concordia« erst einen Felsen und kentert dann, am Rumpf aufgeschlitzt, unweit des Ufers. Der riskante Kurs soll gewählt worden sein, um die Insel zu »grüßen«. In einer chaotischen Evakuierungsaktion versuchen verzweifelte Passagiere, die Insel zu erreichen. Rette sich wer kann, so die Devise - offenbar auch für den Kapitän.

32 Menschen sterben, darunter zwölf Deutsche. Zwei Leichen sind auch ein Jahr nach der Katastrophe noch nicht geborgen. Mehr als 4200 Passagiere und Crewmitglieder waren an Bord des Schiffes, dessen Bergung sich hinzieht.

Wegen der Schräglage des 290-Meter-Kolosses gab es in der Unglücksnacht große Probleme mit den Rettungsbooten. Es herrschte Chaos. Und von Kapitän Francesco Schettino gab es keine Spur mehr. Der hatte sein Schiff mitten in der Evakuierung verlassen. Später erklärte er, er sei versehentlich in ein Rettungsboot gerutscht. Das bizarre Verhalten des italienischen Kapitäns machte weltweit Schlagzeilen. Er dürfte im Zentrum des Prozesses stehen, wenn das Mammutverfahren eröffnet wird.

Während der später entlassene Schettino aussagte, die Reederei Costa Crociere habe den gefährlichen Kurs angeordnet, gibt diese den Schwarzen Peter zurück: Der Kapitän sei verantwortlich. Wer muss für den Schiffbruch ins Gefängnis, wer zahlt Millionen und Abermillionen Entschädigungen? Auf die Antworten werden Geschädigte und Angehörige wohl noch länger warten müssen. Fast 200 Personen wurden befragt und 50 000 Aktenseiten angehäuft.

Kurz vor Weihnachten hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakten erst einmal geschlossen. Mindestens acht mögliche Angeklagte, darunter Schettino sowie Vertreter der Reederei Costa Crociere, wurden davon unterrichtet, dass die Ermittlungen beendet seien. Sie können sich nochmals äußern, bevor die zuständigen Staatsanwälte mitteilen, wen sie vor Gericht stellen wollen.

Auch der indonesische Steuermann Jacob Rusli Bin erhielt Post von Staatsanwalt Francesco Verusio. Zur Beweisaufnahme im September wurde auch bekannt, dass der Indonesier mehrfach die Anordnungen des Kapitäns nicht kapiert hat. Bei dem Versuch, Unheil abzuwenden, gingen somit wertvolle Sekunden verloren. Es ist haarsträubend, was vier Experten auf 1000 Seiten vorlegten: Auf der Kommandobrücke herrschte Chaos, die Crew konnte sich teilweise nicht verständigen. Alarmmeldungen und Evakuierung seien dann von Schettino und einem Krisenmanager verzögert worden.

Zum Leidwesen der vom Tourismus lebenden Insulaner liegt der Kreuzfahrtriese in Ufernähe. Eine der teuersten Bergungsaktionen aller Zeiten kommt nur schleppend voran. Erst hieß es, das Schiff werde spätestens im Frühjahr 2013 weg sein, jetzt ist von September die Rede. Das Wrack an Ort und Stelle zu zerlegen, brächte massive Risiken für die Umwelt.

Viele Betroffene haben unterdessen ein pauschales Entschädigungsangebot der Reederei angenommen. Andere vertrauen gewieften US-Anwälten, die ihnen versprechen, sehr viel mehr Geld für sie herauszuholen. Und der Unglückskapitän kämpft vor mehreren Arbeitsrichtern gegen seine Entlassung durch die Reederei.

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