Neue Panne: Wowereit bleibt

Berliner Abgeordnetenhaus stimmt heute über Misstrauensvotum ab

  • Jürgen Reents
  • Lesedauer: 2 Min.
Neue Panne: Wowereit bleibt

Nein, Klaus Wowereit tippt hier nicht seine Rücktrittserklärung. Und das am Donnerstag debattierte Misstrauensvotum, über das das Abgeordnetenhaus heute abstimmt, wird ihn auch nicht das Amt kosten. SPD und CDU, die einst die Flughafen-Großbaustelle in Schönefeld gemeinsam auf den Weg brachten, halten zusammen wie Pech und Schwefel. Jedenfalls bei einer öffentlich beobachteten namentlichen Abstimmung, die Grüne und Piraten mehr zur eigenen Begeisterung denn als ernsthaften Versuch inszeniert haben, den bedrängten Senatschef zu stürzen. Was danach und vor allem hinter Wowereits Rücken passiert, wird eine andere Geschichte sein. Dass er bis zur nächsten Berlin-Wahl im Herbst 2016 regiert, ist eher unwahrscheinlich. Doch vorerst will die SPD dieses Bundestagswahljahr 2013 ohne weitere Zerwürfnisse durchstehen.

In Berlin hat der Begriff »Jahrhundertbauwerk« nun eine völlig neue Bedeutung erhalten: Nicht wie lange es steht, drückt sich darin aus, sondern wie lange an ihm herumgewerkelt wird und wie lange es abbezahlt werden muss. Der SPD/CDU-Senat zaudert nicht, Abermillionen in Projekte zu investieren, die großsüchtig und zu wenig durchdacht sind, die einst aber die Erinnerung an die eigene Amtszeit zieren sollen. Offenbar ist es nicht nur eine Vorliebe von Monarchen und anderen Potentaten, sich selbst Denkmäler zu setzen. Aber unser System ist die Demokratie und da sollte anderes gelten. Kümmert sich dieser Senat denn ausreichend um eine sozial gerechte Stadt? Sein Ehrgeiz, hier nachhaltig zu handeln, etwa was die obszöne Entwicklung bei Wohnen und Mieten betrifft, ist ähnlich bescheiden, wie es seine Aufsicht über den teuren Pfusch beim Flughafen war. Für letzteres sind Politiker fachlich meist gar nicht kompetent, für ersteres sollten sie es sein. Wozu sonst werden sie in Mandate und Ämter gewählt, wenn nicht dafür, die Regeln für ein gerechtes und solidarisches gesellschaftliches Leben zu entwerfen, durchzusetzen und ihr vernünftiges Wirken zu beaufsichtigen?

Wowereit bleibt also auch nach diesem Wochenende Regierender Bürgermeister - und damit Chef einer Koalition, die Berlin für manche zur Lachnummer, für viele jedoch zur hoffnungsarmen Stadt macht. Das ist das Ernsthafte, was nicht nur Misstrauen, sondern Widerspruch und Protest verdient. Und dafür sind Plenarsäle allein zu klein und ungeeignet. Es ist die Sache aller, den Druck zu erzeugen, der den Regierenden das Weiterso erschwert.

Wowereits demonstrativster Satz in der Debatte vor der heutigen Abstimmung war, er wolle sich der Verantwortung stellen. Aber wird er auch zur Verantwortung gezogen? Es ist nicht nur auf der Baustelle in Schönefeld so still.

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