Koalition vertraut Wowereit
Der Senatschef darf weitermachen / Platzeck hat Beistand von LINKER und Ramsauer
Für Klaus Wowereit war es ein entspannter Vormittag. Gelassen konnte der Regierende Bürgermeister am Sonnabend ab 9.15 Uhr im Abgeordnetenhaus verfolgen, wie 147 Abgeordnete ihre Kärtchen in die Wahlurne warfen. Nach einer knappen halben Stunde stand fest, was ohnehin niemand bezweifelt hatte: Der Misstrauensantrag der Opposition gegen ihn war gescheitert. 62 Abgeordnete hatten für die Abwahl Wowereits gestimmt, 85 dagegen. Die Regierungsfraktionen SPD und CDU hielten ihre Reihen also fest geschlossen, nicht mal ein Unzufriedener hatte es gewagt, sich als Wowereit-überdrüssig zu outen. Dabei wären sogar noch zwölf mehr nötig gewesen, um einen Wechsel an der Senatsspitze herbeizuführen.
»Einige Abgeordnete der Koalition haben zähneknirschend und mit der Faust in der Tasche abgestimmt«, kommentierte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop das Ergebnis des Misstrauensantrags, den sie zusammen mit den Piraten initiiert hatte. In der SPD gebe es derzeit nur niemanden, der seine Nachfolge antreten könne, so Pop. Wowereit habe zwar die Abstimmung gewonnen, aber er gehe nicht gestärkt aus ihr hervor. »Die Probleme mit dem Flughafen und in der Stadt sind ja nicht aus der Welt. Wir sind gespannt, wie er jetzt noch die Kraft finden will, diese anzugehen.«
Nach der Abstimmung fand Wowereit immerhin schon wieder die Kraft, die Opposition anzugehen. Diese habe versucht, aus der Flughafenkrise Kapital zu schlagen. »Das wurde zurückgewiesen«, diktierte er in Mikrofone und Notizblocks. Eine Regierungskrise sieht er also nicht, denn die CDU stehe »zur Regierung und zum Regierungschef«. An der Geschlossenheit von SPD und CDU habe er keine Zweifel gehabt, »alles andere wäre auch fatal gewesen«, sagte Wowereit.
Auch die Fraktionschefs von SPD und CDU, Raed Saleh und Florian Graf, nannten die Abstimmung ein »Signal der Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit«. Saleh sprach von einem »Reinfall der Opposition«.
Die Linkspartei sah sich in ihren Bedenken gegenüber dem Misstrauensantrag bestätigt. »Das war taktisch nicht klug und hat die Koalition wieder stärker zusammengeschweißt«, sagte Fraktionschef Udo Wolf. Trotzdem werde sich der Abstimmungserfolg am Ende als Pyrrhussieg erweisen, weil die inneren Widersprüche bei SPD und CDU zu groß seien. Neben dem Flughafen seien das vor allem die Aufklärung des NSU-Skandals und die Blockade in der Mietenpolitik. »Diese Koalition wird das Ende der Legislaturperiode nicht erreichen«, ist sich Wolf sicher.
Die Piraten zeigten sich schwer enttäuscht von der Abstimmung. Für die Berliner sei das »ein Schlag ins Gesicht«, so Fraktionschef Christopher Lauer. Dass die Koalition keine Alternative hat zu Wowereit, sei ein Armutszeugnis. Denn wenn er das Beste sei, was sie zu bieten habe, »wird der Flughafen nicht das einzige Fiasko bleiben, das die Koalition den Berlinern während ihrer Amtszeit beschert«.
Wowereit wird also nur den Chefposten im Flughafen-Aufsichtsrat abgeben müssen. Als Regierender Bürgermeister will er, nachdem er sich »geprüft« habe, bis zum Ende der Legislaturperiode 2016 durchhalten. Dann kann er vielleicht doch noch den Flughafen eröffnen. Wann genau das sein wird, darauf will er sich lieber nicht mehr festlegen. Vor dem aktuellen Hintergrund wäre das »fahrlässig«. Wowereits Chefposten im Flughafen-Aufsichtsrat soll am Mittwoch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) übernehmen. Der hat nun auch die Rückendeckung von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Die Kritik aus der Union an der Berufung Platzecks teile er nicht, sagte er der »Bild am Sonntag«. Wichtiger sei für den Bund sowieso die Personalie des künftigen Chefmanagers. Der bisherige Flughafenchef Rainer Schwarz soll in der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch abgelöst werden.
Platzeck stellt sich heute einer Vertrauensabstimmung. Dabei kann er sich der rot-roten Mehrheit sicher sein. Nach der Landtagsfraktion signalisierte jetzt auch der Landesvorstand der LINKEN, dem Regierungschef beizustehen. Bedingung: Ein »Weiter so« dürfe es nicht geben. Im Aufsichtsrat müsse ein anderer Politik- und Arbeitsstil Einzug halten, außerdem müsse mit den BER-Anwohnern ein ernsthafter Dialog über ein Nachtflugverbot geführt werden.
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