Platzeck stellt wegen BER-Debakel die Vertrauensfrage
SPD-Regierungschef: „Es ist dramatisch. So etwas darf nicht passieren" / Linkspartei sichert Stimmen zu
Eine Mehrheit ist Platzeck angesichts des großen Stimmenvorsprungs seiner rot-roten Koalition so gut wie sicher. Zudem wird namentlich abgestimmt. Es ist das erste Mal in der Geschichte Brandenburgs, dass ein Regierungschef die Vertrauensfrage stellt. Die Linkspartei hatte dem sozialdemokratischen Regierungspartner in den vergangenen Tagen mehrfach die nötigen Stimmen zugesichert. In Berlin hatte die Linkspartei dagegen ein Misstrauensvotum gegen Regierungschef Klaus Wowereit unterstützt, das jedoch nicht die erforderliche Mehrheit fand.
Am Samstag hatte der Landesvorstand der LINKEN in Potsdam die Position der Landtagsfraktion unterstützt, zugleich aber ein wenig Druck gemacht: Beim BER dürfe es "kein weiter so" geben, in der Flughafengesellschaft müsse ein anderer "Politik- und Arbeitsstil" einziehen. Außerdem würde ein "aktives Bemühen um gesellschaftliche Akzeptanz" des Airports verlangt, dazu gehörten unter anderem eine "Ausweitung der Nachtruhe" sowie "mehr Transparenz und Öffentlichkeit" bei dem umstrittenen Milliardenprojekt.
Als Nachfolger auf dem Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft ist Platzeck umstritten, weil er schon bisher Vizevorsitzender war und von vielen für die Probleme mit verantwortlich gemacht wird. Einem "Focus"-Bericht zufolge soll er den Aufsichtsrat nur vorübergehend führen, bis ein erfahrener Experte gefunden ist. Brandenburgs Regierungssprecher wies diese Darstellung aber als „aus der Luft gegriffen" zurück.
„Ich stehe zu meiner Mitverantwortung - deshalb sitze ich hier", sagte Platzeck am Sonntagabend im ARD-Fernsehen. „Es ist dramatisch, überhaupt keine Frage. Es ist ein Desaster. So etwas darf nicht passieren." Zu den Rücktrittsforderungen an ihn sagte der SPD-Mann: „Man kann mit so einem Fall unterschiedlich umgehen. Nach 23 Jahren im Amt überlegt man auch dieses und jenes in einer schlaflosen Stunde."
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer verteidigte den Aufsichtsrat. Die Geschäftsführung habe das Gremium unvollständig und teils falsch unterrichtet.
Wegen Baumängeln war der Eröffnungstermin für den Airport im Süden Berlins vor kurzem ein viertes Mal verschoben worden. Der gekündigte Architekt Gerkan machte die Flughafengesellschaft für das Bauchaos verantwortlich. Deren Arbeit habe sich als „großangelegte Täuschung herausgestellt", zitierte der „Spiegel" aus der Klageschrift der Anwälte Gerkans. Die Manager hätten mit ständigen Umbauwünschen den Bauablauf „regelrecht zerschossen".
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