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NSU-Aufklärung Fehlanzeige

Bericht von Oberstaatsanwalt wird im Innenausschuss von Opposition scharf kritisiert

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Anfang der Sitzung steht Dankbarkeit. »Ich bin außerordentlich dankbar, dass wir jetzt auf einer sachlichen Grundlage über den NSU-Komplex diskutieren können«, erklärte Innensenator Frank Henkel (CDU) gestern im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Und: »Ich bin Oberstaatsanwalt Feuerberg dankbar.« Am Montag wurde der 88-seitige Bericht des Sonderermittlers Dirk Feuerberg zu den Taten des rechtsextremen Terror-Netzwerks »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) und Berlin erstmals offiziell im Abgeordnetenhaus diskutiert, nachdem bereits seit Tagen vorab in vielen Zeitungen wie auch dem »nd« Passagen und Kommentare zu dem Bericht zu lesen waren.

Die dabei in anderen Medien geäußerten Einschätzungen, die von einem »Alibi-Gutachten« bis zu »rechtlichen Gefälligkeiten« reichten, wollte Innensenator Henkel gestern nicht weiter akzeptieren. Stattdessen bat der Innensenator, der den Sonderermittler nach dem Bekanntwerden des Berliner NSU-Skandals Ende September vergangenen Jahres selbst eingesetzt hatte, um »Fairness« in der Debatte. Wie der Behördenchef fühlte sich allerdings auch der Sonderermittler selbst nicht richtig wiedergegeben. »Das Ergebnis ist weder falsch verstandenem Lokalpatriotismus für Berlin noch Schönfärberei für meinen Auftraggeber«, betonte Feuerberg.

Fakt ist, die Ergebnisse des Berichts sprechen die Berliner Behörden - trotz partieller Kritik - in weiten Teilen von einem Fehlverhalten frei. Aus Sicht des Sonderermittlers ging es bei seiner Untersuchung schwerpunktmäßig um zwei Fragen. Zum einen: »Waren Versäumnisse bei der V-Mann-Führung schuld daran, dass NSU-Mitglieder nicht früher gefasst und weitere Morde verhindert werden konnten?« Zum anderen: »Wurden beim Berliner Verfassungsschutz absichtlich Akten vernichtet, um eine NSU-Spur nachträglich zu vertuschen und damit ein vorheriges Versagen zu kaschieren?« Beide Fragestellungen beantwortete der Sonderermittler mit einem »eindeutigen Nein«.

Falls sich einige Parlamentarier unterdessen mehr Aufklärung von der eingesetzten polizeiinternen Prüfgruppe zum V-Mann und NSU-Unterstützer Thomas S. erhofft hatten, sahen sie sich gestern ebenfalls enttäuscht. Polizeipräsident Klaus Kandt erklärte, dass es keinen gesonderten Bericht der Prüfgruppe geben werde und ihm der Vorgang abgeschlossen scheine. Kandt zeigte sich überdies »erleichtert« über die Bewertung des Sonderermittlers, dass das Weiterleiten der vom V-Mann gegebenen Hinweise auf das NSU-Trio »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Auswirkungen auf einen Fahndungserfolg« gehabt hätte. Auch die Regierungsfraktionen von SPD und CDU sahen durch das Gutachten des Sonderermittlers die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem NSU-Skandal gegen die Innenverwaltung und die Polizei entkräftet.

Von der Opposition im Abgeordnetenhaus wurde der Bericht dagegen scharf kritisiert. »Der Prüfbericht des Sonderermittlers ist interessengeleitet«, sagte der Innenexperte der LINKEN, Udo Wolf. Wesentliche Fragen seien nicht beantwortet. Eine lediglich juristische Prüfung helfe nicht weiter. Dass überdies Teile des Berichts der Geheimhaltung unterliegen, erschwere eine transparente Aufklärung ebenfalls.

Offenbar, das ging zumindest aus der Diskussion im Innenausschuss hervor, gab es neben Thomas S. im militanten Neonazi-Umfeld weitere V-Personen. Zudem stand eine Weisung eines ehemaligen späteren LKA-Chefs im Raum, nach der eine Weiterleitung von Informationen des V-Mannes Thomas S. generell unterbunden worden sein soll. Warum das geschehen sein soll, blieb gestern unklar.

Für die Grünen steht fest: Hätte das Berliner LKA den Hinweis von S. auf das NSU-Trio im Jahr 2002 nach Thüringen weitergeleitet, dann hätte man nicht nur herausgefunden, dass der V-Mann früher eine Beziehung zu Beate Zschäpe unterhalten, sondern dem Terrortrio auch bei dessen Flucht Unterschlupf verschafft hatte. »Weil der Bericht solche einfachen Zusammenhänge außen vor lässt und sie nicht prüft«, monierte die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann, »liest sich er sich mehr wie eine Verteidigungsschrift.«

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