Gefräßige Elefanten
Gastgeber Südafrika will mit der Fußball-Afrikameisterschaft seine teuren WM-Stadien wieder beleben
Denny Nkuma ist Taxifahrer in Johannesburg. Geboren in der Demokratischen Republik Kongo, floh er vor mehr als fünf Jahren vor dem Bürgerkrieg aus seinem Land. Ab kommenden Sonnabend will er seine Mannschaft dennoch anfeuern, wenn diese bei der Fußball-Afrikameisterschaft kämpft. Für ihn und Tausende andere Immigranten aus Nigeria, Äthiopien, Sambia und Simbabwe ist der 29. Africa Cup of Nations in Südafrika ein willkommenes Stück Heimat. Was Nkuma nicht nachvollziehen kann: die mäßige Nachfrage, die es bisher nach den Karten gab.
Kurz vor Turnierbeginn gingen erst 300 000 Tickets in Südafrika und den 15 anderen Teilnehmerstaaten über den Tisch. Das sind gerade einmal 60 Prozent von dem, was Südafrikas Fußballverband erwartet hatte. Fans kauften ein Viertel der Karten, der Rest ging an Klubs und Verbände. Möglicherweise liegt dies an der späten Entscheidung, das Turnier in Südafrika auszutragen, nachdem Libyen wegen politischer Unruhen als Gastgeber ausschied.
Sportexperten kritisieren jedoch die Organisation: Die Karten gibt es in ausgewählten Filialen des Supermarktriesen »Spar« zu kaufen. Die Preise dort sind gehoben und ziehen kaum die breite Unterschicht an. Mit mobilen Kartenbüros versuchte man, dem entgegenzuwirken - und auch die Kartenpreise sind dort mit 50 bis 200 Rand (vier bis 17 Euro) jetzt günstiger. Einen leichten Anstieg im Verkauf gab es allerdings erst in den vergangenen zwei Wochen.
Dennoch trägt das Turnier vom 19. Januar bis 10. Februar die Hoffnung, Südafrikas »weiße Elefanten« wieder zum Leben zu erwecken. Vor der WM 2010 wurde der Großteil der Stadien rundum erneuert, das in Kapstadt wurde abgerissen und für 290 Millionen Euro neu hochgezogen. Seitdem fressen die Bauten Betriebskosten, welche die Einnahmen kaum ausgleichen können. Das Stadion in Johannesburg ist annähernd gut ausgebucht, doch Provinzstadien wie in Polokwane oder Nelspruit kämpfen ums wirtschaftliche Überleben. Im Stadion von Kapstadt sangen in den letzten Monaten Stars wie Lady Gaga oder Coldplay. Mit dem eigentlichen Zweck, nationale Turniere und Freundschaftsspiele auszutragen, könnte es nicht überleben.
Die Regionalregierung von Kapstadt verteidigt ihr Stadion und macht die globale Rezession und Missmanagement durch vorherige Verwalter verantwortlich. Auch die Konkurrenz der anderen ehemaligen WM-Städte spiele laut Bürgermeisterin Patricia de Lille eine Rolle: Kapstadt wurde bei der Planung für den Africa Cup übergangen, hier findet kein Spiel statt.
Seit mehr als einem Jahr bringen Bürgerinitiativen Vorschläge ein, wie man das Stadion und den angeschlossenen Park nachhaltig bewirtschaften könne. Verhandlungen laufen derzeit mit mehreren Rugbyklubs. Doch die meisten sind nicht bereit, das Newlands-Stadion aufzugeben, in dem der Nationalsport seit 120 Jahren gespielt wird. Der südafrikanische Gewerkschaftsbund schlug angesichts der festgefahrenen Situation vor, das Stadion in Billigwohnungen umzubauen.
Im Parlament in Kapstadt scheint man gegen Kritik jedenfalls resistent. Sportminister Fikile Mbalula warnte letzte Woche: »Die Regierung hat viel in den Africa Cup investiert. Wir werden niemandem erlauben, die Marke Südafrika schlecht zu machen.«
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