4000 Schüler und Studenten warten auf Bafög

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf ist wieder geöffnet, doch die Lage bleibt kritisch

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 3 Min.

Stephanie Mertens hat die Schule ohne Abitur abgeschlossen. Das wollte die junge Mutter nun auf dem zweiten Bildungsweg nachholen. Doch ihr unbearbeiteter Bafög-Antrag machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Da Mertens vergebens versucht hatte, bei verschiedenen Behörden Hilfe zu bekommen, die sich alle nicht zuständig fühlten, häuften sich ihre Fehlstunden. Ein Besuch der Schule ist jetzt nicht mehr möglich. Stephanie Mertens ist kein Einzelfall. Ausbildungsabbrüche und Zwangsräumungen - durch die angestauten Bafög-Anträge gerieten 7500 Schüler und Studenten über Monate ohne Geld und Unterstützung in Not. Zwar wurde ein Teil der liegengebliebenen Anträge derweil bearbeitet, doch noch immer müssen Tausende auf ihr Geld warten.

Die bildungspolitische Sprecherin der LINKEN, Regina Kittler, warnte schon vor Monaten vor den verheerenden Auswirkungen. Gestern stellte die LINKE erneut einen Antrag im Abgeordnetenhaus, in dem sie fordert, »die Verhältnisse in den Ämtern zu verbessern«.

Von der Bafög-Misere waren besonders Schüler und Berufsschüler betroffen, deren Zuständigkeit beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf liegt. Um der Lage Herr zu werden, musste das Amt im Oktober alle Türen schließen. Nur so war es möglich gewesen die Aktenberge zu bearbeiten. Das hieß jedoch auch, dass es keinen Ansprechpartner und keine Hilfe für die Betroffenen gab, die zum Teil schon im Juni ihre Anträge stellten.

Mittlerweile hat das Bezirksamt wieder geöffnet. An der Situation hat sich jedoch nichts geändert. Schließlich führt Bezirksstadtrat Carsten Engelmann (CDU) das Desaster auf einen viel zu niedrig angesetzten Personalschlüssel zurück. »Durch den doppelten Abiturjahrgang sind bei uns über 5000 neue Anträge eingegangen. Davon stehen 2000 noch immer aus«, erklärte Engelmann. Die Mehrbelastung könne man nur mit zusätzlichen Stellen schaffen. Der Bezirk selbst habe jedoch keine Mittel für Neueinstellungen und sieht Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos für SPD) in der Pflicht. Die Senatsverwaltung für Finanzen weist den Vorwurf jedoch zurück. Für die Personalplanung seien die Bezirke selbst verantwortlich, so die Begründung. Damit nicht genug, muss der Bezirk statt neue Mitarbeiter einzustellen rund 74 Stellen abbauen. Immerhin gab es mehr Verständnis von den Senatsverwaltungen für Bildung und Inneres. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) stellte dem Amt Honorarmittel zur Verfügung. Der Senat für Inneres hat ein »positives Signal« gesendet, im Sommer Aushilfen aus den eigenen Reihen zu entsenden, »um wenigstens die Sprechstunden zu besetzen«, so Engelmann.

Im Gegensatz zum Bezirksamt blickt das Studentenwerk etwas gelassener in die Zukunft. Fast 2000 Anträge liegen auch ihr noch gestapelt, doch das gehe vor allem auf unvollständige oder falsche Anträge zurück. »Sicher ist die Zahl der Antragssteller auch gestiegen, das haben wir jedoch erkannt und werden zwei neue Stellen besetzen«, sagte Jürgen Morgenstern vom Studentenwerk. Um die Bearbeitungsdauer, die auch ohne Staus durchschnittlich drei Monate dauert, zu verkürzen, soll es zudem bald Online-Anträge geben, die ähnlich wie das Steuersystem-Elster, schon im Vorfeld auf Fehler hinweisen. »Wir arbeiten daran und hoffen das neue System bis zum Winter einsetzen zu können.«

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